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© dpa

Machtkampf: Jubel über Rücktritt von Pakistans Präsident

Der umstrittene pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat sich dem wachsenden innenpolitischen Druck gebeugt und ist am Montag nach neun Jahren im Amt zurückgetreten. Seine politischen Gegner freuen sich auf bessere Zeiten. Die USA sprechen Musharraf allerdings "tiefe Dankbarkeit" aus.

Nach fast neun Jahren geht in Pakistan eine politische Ära zu Ende. Von Beobachtern erwartet und von seinen politischen Gegner seit langem herbeigesehnt, verkündete der frühere Putsch-General und amtierende Präsident Pervez Musharraf am Montag seinen Rücktritt. Doch während in Pakistan die Menschen feierten, reagierte das Ausland zurückhaltend. Die USA sprachen Musharraf gar "tiefste Dankbarkeit" aus, galt er im Westen doch als verlässlicher Verbündeter im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Trotz der außenpolitischen Anerkennung begann Musharrafs Stern im eigenen Land seit gut einem Jahr zu sinken. Mit dem Rückzug kommt er nun einem Amtsenthebungsverfahren zuvor, das seine Gegner in der Regierungskoalition gegen ihn betreiben. Als Schuldeingeständnis will Musharraf den freiwilligen Abgang freilich nicht verstanden wissen. Im Gegenteil: Die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage. Dennoch habe er sich "im Interesse Pakistans" zu diesem Schritt entschlossen.

"Ich opfere mich für Pakistan"

"Ich fürchte keinen einzigen Punkt der Anklage", erklärte er in einer emotionalen Rede. Er habe immer im Interesse des Landes gehandelt, Persönliches habe nie eine Rolle gespielt. Dennoch werde er darauf verzichten, nun "persönliche Tapferkeit zur Schau zu stellen". "Denn ganz gleich, ob ich (das Amtsenthebungsverfahren) gewinne oder verliere, dieses Land würde daran zugrunde gehen." Die Menschen sehnten sich nach einem Ende der Krise, so der ehemalige Armeechef. "Ich liebe mein Land, und ich opfere mich für Pakistan."

Musharrafs politische Gegner begrüßten dessen Rücktritt. In vielen Städten feierten die Menschen auf den Straßen. "Ich hoffe, nun zieht politische Stabilität in Pakistan ein", sagte Außenminister Shah Mahmood Qureshi von der Pakistanischen Volkspartei (PPP). Gemeinsam mit der Pakistanischen Muslim-Liga Nawaz (PML-N) bildet die PPP seit den Wahlen im Februar eine Koalitionsregierung. Und beide Parteien haben nie einen Hehl daraus gemacht haben, dass die Entmachtung des ungeliebten Präsidenten ein Teil ihrer politischen Agenda ist.

Vor allem PML-N-Chef und Ex-Premier Nawaz Sharif hat massiv auf eine Amtsenthebung gedrängt. Nach Bekanntwerden des Rückzugs erklärte er, ein "dunkles Zeitalter" sei zu Ende, das Land "wurde von einem Diktator befreit. Auch Asif Ali Zardari, der Chef des großen Koalitionspartners PPP und Witwer der im Dezember ermordeten früheren Regierungschefin Benazir Bhutto zeigte sich erleichtert - obwohl es zwischen ihm und Sharif seit der Regierungsübernahme zum Teil heftigen Streit um den Umgang mit Musharraf gegeben hatte. Erst vor wenigen Wochen konnten sich beide auf die Amtsenthebung verständigen.

Beobachter warnen vor zuviel Optimismus

"Nun muss die demokratisch gewählte Regierung zeigen, dass sie in der Lage ist, die Probleme des Landes zu lösen", erklärte Sharif. Beobachter allerdings warnen vor zu großem Optimismus. Bereits in den 90er Jahren standen beide Parteien abwechselnd in Regierungsverantwortung - und lähmten sich nicht zuletzt durch ihre erbitterte Gegnerschaft gegenseitig. Erst das gemeinsame Feindbild Musharraf macht die jetzige Zusammenarbeit möglich. Ohne ihn könnten die alten Gräben bald wieder aufbrechen.

Offen ist auch, wie die Regierung in Zukunft mit den im Grenzgebiet zu Afghanistan operierenden Extremisten umgeht. Musharraf hatte in der Region mehr als 100.000 Sicherheitskräfte in Stellung gebracht und war mit harter Hand gegen diese vorgegangen. PPP und PML-N setzen dagegen auf Ausgleich. Zum Schrecken des Westens verhandeln sie mit einheimischen Taliban-Gruppen und scheren sich wenig um deren Aktivitäten jenseits der Grenze. US-Außenministerin Condoleezza Rice mahnte die Führung in Islamabad daher gleich vorsorglich, den Kampf gegen den Terrorismus nun zu "verdoppeln".

Der scheidende Präsident hat darauf keinen Einfluss mehr. Schon gar nicht, wenn Musharraf - wie von pakistanischen Medien spekuliert wird - ins Exil nach Saudi-Arabien oder ein anderes Land geht. Eine Bestätigung gibt es dafür allerdings nicht.

Stefan Mentschel[dpa]

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