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Machtkampf: Tote im Iran

Heftige Straßenschlachten und Tote in Teheran. Das Regime spricht von "bewaffneten Terroristen" und beschimpft Europa. US-Präsident Obama fordert ein sofortiges Ende der Gewalt.

Der Machtkampf im Iran zwischen dem konservativen Regime und den Reformkräften ist am Wochenende eskaliert und hat Tote gefordert. Bei heftigen Straßenschlachten in Teheran starben am Samstag nach offiziellen Angaben vom Sonntag mindestens zehn Menschen, mehr als hundert wurden verletzt. Der amerikanische Fernsehsender CNN sprach bis zum Sonntagnachmittag von 19 Toten. Das iranische Staatsfernsehen machte am Sonntag „bewaffnete Terroristen“ für die Unruhen verantwortlich. Reformer Mir-Hossein Mussawi griff auf seiner Website den geistlichen Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, scharf an. Dem iranischen Volk solle eine Regierung aufgezwungen werden, schrieb er und forderte erneut Neuwahlen. Der Wahlbetrug habe ein „ungeheures Ausmaß“ gehabt. Weiterhin werden ausländische Korrespondenten bei ihrer Arbeit behindert, so dass sachliche und fundierte Berichte über die aktuelle Lage kaum verbreitet werden können.

In seiner bislang deutlichsten Stellungnahme forderte US-Präsident Barack Obama ein Ende der Gewalt. Die Regierung in Teheran müsse „jegliche Akte der Gewalt und der Ungerechtigkeit gegen das eigene Volk“ einstellen. „Die iranische Regierung muss verstehen, dass die ganze Welt sie beobachtet“, erklärte Obama. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Obama am Donnerstag in Washington trifft, verlangte am Sonntag, die Stimmen der Präsidentenwahl müssten neu ausgezählt werden. „Deutschland steht auf Seiten der Menschen im Iran, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausüben wollen“, hieß es in ihrer Erklärung.

Vertreter des Regimes reagierten unterdessen immer gereizter auf die internationale Kritik. Präsident Mahmud Ahmadinedschad forderte die USA und Großbritannien auf, sich nicht länger in die inneren Angelegenheiten seines Landes einzumischen. Mit „übereilten Äußerungen“ machten sie sich nicht zu Freunden der iranischen Nation, erklärte er auf seiner Website. Parlamentssprecher Ali Laridschani bezeichnete Stellungnahmen von Frankreich, England und Deutschland als „Schande“. Der iranische Außenminister Monaschehr Mottaki warf Großbritannien ein Komplott vor. Großbritannien habe sich „seit mehr als zwei Jahren“ gegen die Wahlen verschworen, sagte Mottaki vor ausländischen Diplomaten in Teheran. Seine Regierung forderte den BBC-Korrespondenten in Teheran auf, das Land innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Der britische Außenminister David Miliband wies alle Vorwürfe aus Teheran zurück und erklärte, die Proteste gegen die iranische Führung würden keineswegs vom Ausland angeheizt.

Am Samstag hatten sich nach Angaben von Augenzeugen, die auch über den Internetdienst Twitter verbreitet wurden, mehrere tausend Menschen auf dem Enkelhab-Platz und dem Azadi-Platz in Teheran versammelt und „Tod dem Diktator“ gerufen. Die Polizei ging mit Tränengas, Knüppeln und Wasserwerfern auf die Menge los. Auf Videos – die unter anderem auf dem Internet-Portal Youtube verbreitet wurden und wo beispielsweise eine Frau gezeigt wird, die blutüberströmt zu Boden sinkt – waren brennende Autos zu sehen und Schüsse zu hören. In der Nähe des Chomeini-Mausoleums im Süden der iranischen Hauptstadt kam es nach Angaben der Polizei zu einem Selbstmordanschlag. Dabei starben zwei Menschen, acht wurden verletzt, andere Meldungen sprachen von einem Toten und drei Verletzten. Die Reformbewegung meldete Demonstrationen auch aus anderen großen iranischen Städten. Teilweise seien die Sicherheitskräfte auch hier brutal gegen Demonstranten vorgegangen. In der Pilgermetropole Maschad im Nordosten des Landes haben sich nach diesen Angaben auch Geistliche den Protesten angeschlossen.

Am Sonntag demonstrierten auch wieder tausende Exil-Iraner in verschiedenen deutschen und europäischen Städten.

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