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Politik: Machtlos im Internet

Die Justiz tut sich schwer beim Kampf gegen Kinderpornografie

Der Handel mit kinderpornografischem Material ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft – und es findet vor allem im Internet statt. Auf rund 19 Milliarden Dollar schätzt Interpol den Umsatz mit der illegalen Ware, sagte Ursula Raue, die Präsidentin der deutschen Sektion der Non-Profit-Organisation „Innocence in Danger“, am Freitag in Berlin auf dem 1. Internationalen Forum zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet. Die Einrichtung, die 1999 in Paris gegründet wurde und inzwischen in 28 Ländern tätig ist, verfügt noch über weitere Fakten zu einem Thema, das nicht nur in Deutschland so tabuisiert ist, dass diese Form des Kindesmissbrauchs in den vergangenen Jahren nahezu unbemerkt erheblich zugenommen hat. So lag die Zahl der Internet-Seiten mit pädo-kriminellem Hintergrund im Jahr 2001 bei rund 70 000, ein Jahr später waren es weltweit bereits mehr als 180 000 Webseiten.

Vor allem in den Chatrooms des World Wide Webs werden die Geschäfte mit den Fotos und Videos missbrauchter Kinder angebahnt. Auf rund 4500 schätzt „Innocence in Danger“ deren Zahl im weltweiten Datennetz. Die Ermittlungsbehörden sind häufig machtlos. Professor Adolf Gallwitz von der Polizei-Hochschule Villingen-Schwenningen, der die Zahl der Konsumenten von kinderpornografischen Medien in Deutschland auf 50 000 Personen schätzt, forderte auf der Tagung darum auch mehr personelle und finanzielle Anstrengungen beim Bundeskriminalamt und in den Ländern, „um mit den Tätern auf gleicher Augenhöhe zu stehen“. Vor allem in den zahlreichen Internet-Tauschbörsen müssten die Ermittler nahezu tatenlos zusehen, wie dort mit Bildern und Videos missbrauchter Kinder gehandelt wird.

Selbst wenn es der Polizei gelingt, einen Kinderporno-Ring zu entdecken, bleibt es oft bei geringen Strafen, sagte der leitende Staatsanwalt beim Landgericht Berlin, Michael Stork. Auch hier machten sich fehlende Mittel bemerkbar. Bis zur genauen Untersuchung eines beschlagnahmten Rechners vergehen rund zwei Jahre. Und nach drei Jahren ist der Besitz der Bilder und Videos verjährt.

Mitunter sind es andere Gründe, die Ermittlungen oder eine Bestrafung verhindern. Der Journalist Serge Garde berichtete vom Fall der „Zandvoort CD-ROM“, der in Frankreich im Jahr 2000 großes Aufsehen erregt hatte. Nach Zeitungsrecherchen identifizierten Eltern, Lehrer und Ärzte zahlreiche Kinder, die für pornografische Fotos missbraucht wurden. Die französische Justiz sperrte sich gegen weitere Ermittlungen. Unter anderem wurde angeführt, bei den Kindern handle es sich nicht um Franzosen. Die Aussagen zweier französischer Kinder, die berichteten, wie die Aufnahmen entstanden, wurden Garde zufolge als Fantasien abgetan. Da auch Bilder deutscher Kinder auf der CD-ROM sind, hat der Journalist nun den hiesigen Behörden das Material zur Auswertung angeboten.

Doch Mittel werden nicht nur für die Ermittlungsarbeit benötigt. Auch die Prävention kostet Geld. "Innocence in Danger" setzt vor allem auf Spenden. Auch die Gala in Berlin sollte dafür genutzt werden, Mittel und Sponsoren etwa für eine Anzeigenkampagne gegen Kindesmissbrauch zu gewinnen.

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