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Ein Castorbehälter wird auf diesem Archivfoto vom November 2010 in Dannenberg (Niedersachsen) verladen.

© Katja Nietfeld/dpa

Mängel an den Tragvorrichtungen: Transport von Castor-Behältern verboten

Weil sie Mängel aufweisen oder nicht richtig geprüft wurden, dürfen mehrere hundert Castor-Behälter mit radioaktivem Atommüll nicht mehr bewegt oder transportiert werden.

315 der in Deutschland lagernden Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll verfügen über nur unzureichend geprüfte Transportzapfen. Dies teilte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) am Freitag in Hannover mit. Das sind nach Aussagen des Ministers rund 75 bis 80 Prozent aller in Deutschland gelagerten Castoren. Die betroffenen Castoren "dürfen daher vorerst nicht mehr bewegt oder transportiert werden“, erklärte Wenzel und kündigte ein entsprechendes Verbot für die 58 betroffenen Castoren in Niedersachsen an. 28 davon stehen im Transportbehälterlager in Gorleben (von insgesamt 113).

Im Zwischenlager des abgeschalteten Atomkraftwerks Unterweser bei Brake war der Mangel vor rund einem Jahr zunächst an vier Behältern aufgefallen. Die Tragvorrichtungen aus Stahlguss, mit deren Hilfe die tonnenschweren Castoren angehoben, umgestellt und verladen werden können, hatten entweder die vorgeschriebene Ultraschallprüfung gar nicht durchlaufen oder zumindest war dies nicht ausreichend dokumentiert worden. Daraufhin hatte die Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) alle Castor-Behälter in den Zwischenlagern unter die Lupe genommen und die Dokumentationslücken festgestellt.

„Demnach kann zur Zeit nicht konkret aufgelistet werden, bei welchen Tragzapfen Qualitätsprobleme bestehen und bei welchen nicht“, betonte der Umweltminister. Er forderte von den Betreibern „für jeden einzelnen Behälter eine Stellungnahme zum sicherheitstechnischen Handlungsbedarf“. Eine unmittelbare Gefahr für Mensch und Umwelt bestehe aber nicht. Nach Angaben des Herstellers, der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), sind tatsächliche Fertigungsmängel bislang auch nicht aufgetaucht. Das von den Atomkonzernen getragene Entsorgungsunternehmen hatte vorsorglich Tragzapfen an 92 unbeladenen Behältern ausgetauscht; diese wiesen laut GNS und BAM in einer Nachprüfung die erforderliche Qualität aus.

Das Bundesumweltministerium teilte mit, dass es keine Bedenken wegen der Sicherheit der Castoren sehe. Wie die Kontrolle der befüllten Castoren vonstatten gehen soll, ist dagegen ungeklärt. Der GNS schwebt offenbar eine Ultraschallprüfung vor Ort ohne Ausbau der Zapfen vor. Wenzel verlangt dafür aber lückenlose Sicherheitsnachweise. „Das muss nachvollziehbar sein.“ Ein Austausch der an der Außenhülle angebrachten Transporthilfen könnte laut Ministerium eine höhere Strahlenbelastung für die betroffenen Mitarbeiter zur Folge haben.

Der Minister kritisierte die GNS und die Betreiber der Zwischenlager wegen der schleppenden Information der Öffentlichkeit über dieses Problem. „Wir haben es offenbar mit einem Defizit in der Sicherheitsphilosophie zu tun.“

Hinter den Kulissen gibt es aber offenbar auch Verstimmung über die BAM, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) untersteht. Wenzel hatte die Behörde mit Sitz in Berlin im vergangenen September besucht und dabei eine bessere Zusammenarbeit der beteiligten Experten sowie mehr Transparenz angemahnt. Sichtbare Konsequenzen hatte zumindest der zweite Punkt nicht.

Leck in Abwasserrohr im AKW Grohnde

Im AKW Grohnde ist unterdessen ein Leck an einem Abwasserrohr entdeckt worden. An einer Schweißnaht sei etwa ein Liter Destillat ausgetreten, teilte Wenzel mit, nachdem der Betreiber Eon das Vorkommnis gemeldet hatte. „In der Regel“ seien die Flüssigkeiten in diesem Bereich nicht radioaktiv belastet, erklärte der Minister vorbehaltlich einer genauen Untersuchung der Ursache und Folgen. Die Schadstelle sei inzwischen abgedichtet worden. Das AKW geht an diesem Wochenende planmäßig für eine Revision und einen Wechsel von 20 Brennelementen vom Netz.

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