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Die Diskussion um Managergehälter könnte ein Wahlkampfthema werden.

© dpa/Oliver Berg

Update

Bezahlung von Topmanagern: SPD fordert Obergrenze für Managergehälter

Die Sozialdemokraten schlagen vor, dass in Aktiengesellschaften die Hauptversammlung die Vorstandsgehälter deckeln kann. Sie will auch die steuerliche Absetzbarkeit begrenzen. Aus der CSU kommen positive Signale.

Für Thomas Oppermann ist es eine Frage von „Maß und Mitte“. Der Fraktionschef der SPD im Bundestag ist der Meinung, viele Manager in Aktiengesellschaften verdienten, gemessen an ihrer Leistung, zu viel. In den Wirtschaftswunderjahren, also der Gründerära der sozialen Marktwirtschaft, hätten Unternehmensvorstände das Fünfzehn- oder Zwanzigfache eines durchschnittlichen Arbeitnehmers bekommen. Heute sei es aber das Fünfzigfache, in manchen Konzernen gar mehr als das Hundertfache.

Der Niedersachse Oppermann muss da gar nicht weit schauen – am üppigsten wird beim Volkswagenkonzern in Wolfsburg vergütet, die Vorstände dort gehen mit dem 141-fachen Einkommen eines durchschnittlichen VW-Mitarbeiters nach Hause, hat die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung im vorigen Jahr errechnet. Und zuletzt verließ die ehemalige SPD-Politikerin Christine Hohmann-Dennhardt nach nur 13 Monaten den Konzernvorstand - unter Fortzahlung des Gehalts, wie üblich. Die Rede ist von mindestens zwölf Millionen Euro plus einer vierstelligen Monatsrente.

Um wieder zu „Maß und Mitte“ zu kommen, will die SPD erreichen, dass Managereinkommen geringer ausfallen. Am Mittwoch legte Oppermann mit Fraktionsvize Carsten Schneider das Ergebnis wochenlanger Überlegungen vor: den Entwurf eines „Gesetzes zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen und zur Beschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit“. Einfach vorschreiben, wie viel ein Manager den verdienen darf, kann der Gesetzgeber nicht – da ist die grundgesetzlich geschützte Vertragsfreiheit vor. Indirekt aber, da sind sich Oppermann und Schneider sicher, kann der Staat eingreifen. Aus Sicht der SPD muss er es sogar, denn die freiwilligen Regelungen der Wirtschaft, etwa der Corporate-Governance-Kodex, griffen nicht.

Steuerliche Deckelung

Dazu kommt nach Ansicht von Schneider, dass Managervergütungen wie alle Gehälter als Kosten steuermindernd angesetzt werden können, weshalb der Steuerzahler überbordende Gehälter, Bonuszahlungen und Betriebsrenten immer mitfinanziere. Eine Deckelung der steuerlichen Absetzbarkeit sei daher gerechtfertigt, so Schneider, der als Vorbild das Gesetz heranzieht, nach dem Aufsichtsratsvergütungen nur zur Hälfte als Betriebskosten gelten.

Die SPD will durchsetzen, dass alle Vorstandsbezüge, die im Einzelfall über 500.000 Euro liegen, künftig nicht mehr angerechnet werden. Das Kalkül dahinter: Der Betriebsgewinn fällt so etwas höher aus, damit auch die Steuerlast, was wiederum die Dividendenzahlung drücken kann. Die Aktionäre könnten so ein Interesse an geringeren Managervergütungen haben.

Und die Aktionäre sollen nach dem SPD-Vorschlag künftig das Sagen bekommen bei den Vorstandsgehältern. Das hat die schwarz-rote Koalition zwar schon 2013 vereinbart, aber bis heute nicht umgesetzt. Zum Ärger der Union, die seit längerem verlangt, die Entscheidung über die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat auf die Hauptversammlung der Aktionäre zu verlagern. Sie sieht darin eine Vergütungsbremse. „Die Festlegung der Gehälter muss aus den Hinterzimmern der Aufsichtsräte raus“, sagt Unions-Fraktionsvize Stephan Harbarth.

Was ist gerecht? 20 zu 1? 40 zu 1?

Allerdings geht die SPD noch weiter: Sie will, dass die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auf Vorschlag des Aufsichtsrats auch eine „Höchstgrenze“ für die einzelnen Vergütungen beschließt – im Sinne eines maximalen Verhältnisses zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder und dem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen des jeweiligen Unternehmens. Also beispielsweise 20 zu 1 oder 40 zu 1. Der Aufsichtsrat soll dann regelmäßig darlegen müssen, ob diese Obergrenze in den Verträgen auch eingehalten wird. Ein möglicher Effekt: Die Manager haben ein Interesse daran, dass das Durchschnittsgehalt im Unternehmen nicht abfällt.

Die mit der Union vereinbarte Stärkung der Hauptversammlung hatte in den Gewerkschaften für Grummeln gesorgt. Denn die bisher bei Managerverträgen allein entscheidenden Aufsichtsräte sind die Bastion der Arbeitnehmervertreter, die Mitbestimmung über die Managereinkommen ist ein Einflussfaktor. Wohl um diese Bedenken auszuräumen, gibt es einen Passus im SPD-Gesetzentwurf, der die Unternehmensvorstände ausdrücklich "dem Wohl des Unternehmens, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Aktionärinnen und Aktionäre und dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet".

Laut Schneider soll diese Bindung vor allem dazu dienen, die Unternehmensführung weniger an kurzfristigen Shareholder-Value-Kriterien zu orientieren, sondern eher nach Langfrist-Prämissen. Doch bekämen die Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten so auch die Möglichkeit, das Arbeitnehmerwohl als Unternehmensziel stärker durchzusetzen. Aufsichtsräte sollen künftig auch die Möglichkeit haben, Vorständen bei schlechter Leistung die Bezüge zu kürzen oder auch Ruhegehälter zurückzufordern.

Aktionärsvertreter sehen den SPD-Vorstoß zur steuerlichen Absetzbarkeit skeptisch. „Wir glauben nicht, dass wir ein Gesetz brauchen“, sagte der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, der „Passauer Neuen Presse“. Eine Begrenzung der Absetzbarkeit sei „Quatsch“. Große Unternehmen zahlten Milliarden an Steuern. „Das, was sie durch die steuerliche Berücksichtigung der Managerbezüge als Betriebsausgaben sparen, ist zu vernachlässigen.“

Hocker plädierte für eine „absolute Obergrenze“ von zehn Millionen Euro im Jahr. Grundsätzlich müssten Vorstandsbezüge in einem gesunden Verhältnis zu den Durchschnittslöhnen im Unternehmen stehen. „Ansonsten ist der soziale Friede in Deutschland gestört“, sagte der Aktionärsvertreter. Entscheiden müsse aber der Aufsichtsrat des Unternehmens.

Hasselfeldt hält SPD-Vorschläge für diskussionswürdig

Ob die Union alles mitmacht, was die SPD am Mittwoch vorschlug, ist ungewiss. Zunächst reagierte sie erkennbar verschnupft, weil Oppermann den Gesetzentwurf ohne jede Absprache öffentlich machte. "Die SPD hat uns ihren Gesetzentwurf bislang nicht zugeleitet", sagte Harbarth. "Das ist unter Koalitionspartnern nicht üblich. Wenn er uns vorliegt, werden wir ihn prüfen."

Allerdings hatten sich Kanzlerin Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder in der vorigen Woche in der Fraktionssitzung überraschend offen gezeigt für eine Deckelung von Managergehältern und damit den Wirtschaftsflügel überrumpelt. Zur steuerlichen Deckelung speziell hatte sich zuletzt Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) wohlwollend geäußert. Die CSU steht den SPD-Plänen aufgeschlossen gegenüber. Man werde den Vorschlag daraufhin prüfen, „ob wir damit Gehaltsexzessen Einhalt gebieten können“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der „Passauer Neuen Presse“. Es sei seien diskussionswürdige Ansätze.

Hat die Union eigene Pläne? Kam die SPD mit ihrem unangekündigten Vorstoß dem zuvor? Zuletzt gingen alle Seiten davon aus, dass Justizminister Heiko Maas (SPD) einen Entwurf Anfang März vorlegen werde. Das Vorgehen der Fraktion erklärte Oppermann am Mittwoch mit der gebotenen Eile. Wolle man noch vor der Bundestagswahl im September etwas erreichen, dann müsse man jetzt in die Gesetzgebung einsteigen. Mit einem Fraktionsentwurf lässt sich das abkürzen, weil dann die bei Vorlagen aus der Regierung übliche erste Runde im Bundesrat ausgelassen werden kann.

In der Länderkammer ist angesichts der rot-rot-grünen Dominanz allerdings kaum Widerstand zu erwarten. Wohl aber in der Union, die bisher gespalten erscheint. Komme es zu keiner Einigung, werde man die Höhe der Managergehälter natürlich zum Wahlkampfthema machen, kündigte Oppermann an. (mit dpa)

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