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Politik: Mann gegen Mann

Putin lässt Russlands reichsten Manager verhaften – seinen Rivalen

Michail Chodorkowski, Chef des russischen Ölgiganten Jukos und mit einem geschätzten Privatvermögen von acht Milliarden US-Dollar reichster Mann Russlands, ist am Samstag in Nowosibirsk verhaftet worden. Chodorkowski, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, sei am Freitag einer Vorladung nicht nachgekommen. Ein Unternehmenssprecher sagte, die Staatsanwaltschaft sei rechtzeitig informiert worden, dass Chodorkowski den Termin nicht wahrnehmen könne. Chodorkowski wird nun bis zum Abschluss der Ermittlungen – in Russland dauern diese im Durchschnitt ein Jahr – in Untersuchungshaft bleiben.

Russlands Unternehmerverband verurteilte auf einer Krisensitzung die Vorgänge als „Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung“. Die Industrie, sagte Anatolij Tschubais, Chef des Strommonopolisten Rao Jees, empfinde „tiefes Misstrauen gegenüber den Rechtspflegeorganen“. Gemeint sind Staatsanwaltschaft, aber vor allem Polizei und Geheimdienste. Diese sind Putin direkt unterstellt, der damit eigentlicher Adressat der Kritik ist. Nie zuvor in seiner Amtszeit war Putin, von dem der Unternehmerverband verlangte, Stellung zu nehmen, derartig massiver Kritik ausgesetzt. Der Chef der Reformpartei „Union der Rechten Kräfte“, Boris Nemzow, sprach im russischen Dienst des amerikanischen Auslandssender Radio Liberty sogar von „Kapitalismus mit Stalinschem Gesicht“.

Gegen Jukos wird seit Sommer ermittelt. Drei Topmanager wurden verhaftet. Ihnen und Chodorkowski wird Veruntreuung von Staatseigentum während der Privatisierung Mitte der 90er Jahre, Auftragsmord und Steuerhinterziehung in besonders schwerem Ausmaß vorgeworfen. Beobachter und Chodorkowski sehen hinter den Verhaftungen politische Motive. Chodorkowski hatte eingeräumt, Parteien der demokratischen Opposition aus seiner Privatschatulle zu unterstützen. Er hoffe, hatte der Manager gesagt, dass die Demokraten bei den Duma-Wahlen im Dezember mindestens 30 Prozent der Mandate erringen werden und Russland eine parlamentarische Republik werde.

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