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Politik: Mann im Hintergrund

Wolfgang Mischnick ist mit 81 Jahren gestorben

Von Dagmar Rosenfeld

Wolfgang Mischnick war einer der Mächtigen in der FDP, auch wenn er seine Macht nie offen zur Schau gestellt hat. Über 20 Jahre, von 1968 bis 1990, war er der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten im Bundestag. In all der Zeit blieb Mischnick stets der Mann in der zweiten Reihe: der Strippenzieher, der sich dezent im Hintergrund hielt. Diskretion und Loyalität waren seine Stärke, Verlässlichkeit sein Markenzeichen. Das Interesse der Partei oder, wie er sagte, die „höhere Staatsnotwendigkeit“ standen im Mittelpunkt seines politischen Handelns. Krisensituationen waren seine Situationen – das bewies er während seiner 37 Jahre im Bundestag immer wieder. 1969 und 1982, in den Jahren der politischen Umorientierung, sammelte er als Fraktionsvorsitzender die Abtrünnigen und wehrte Spaltungsattacken auf die Freien Demokraten erfolgreich ab. „Politik, das ist wie Skat – erst reizen, dann stechen“, pflegte er zu antworten, wenn er nach seiner Strategie gefragt wurde. Mischnick war ein passionierter Skatspieler. Über mehrere Jahre stellte er knifflige Skataufgaben in der „Welt am Sonntag“. Ansonsten ließ er sich nicht gerne in die Karten schauen. 1948 war Wolfgang Mischnick aus seiner Heimat Sachsen nach Frankfurt am Main geflohen. Dort trat er der hessischen FDP bei. Knapp zehn Jahre später wurde er in den Bundestag gewählt, und im letzten Kabinett von Konrad Adenauer war er Vertriebenenminister. Auch wenn Mischnick nur selten Gefühl zeigte, konnte er nicht verbergen, dass die deutsche Wiedervereinigung für ihn eine Herzensangelegenheit war. Er hütete sich zwar, in der deutsch-deutschen Politik sichtbar auf SPD-Linie zu schwenken. Doch die stille Diplomatie, die Brandts Ostpolitik begleitete, trug auch Mischnicks Handschrift. Eigentlich wollte er sich 1990 aus der Politik verabschieden. Der Wiedervereinigungsprozess ließ ihn bleiben.

Bei der ersten gesamtdeutschen Wahl wurde er als Direktkandidat der FDP in seiner Heimatstadt Dresden erneut in den Bundestag gewählt. 1994 zog er sich dann in den Ruhestand zurück. In der Nacht zum Montag ist Wolfgang Mischnick nach langer Krankheit im Alter von 81 Jahren gestorben.

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