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Stellt sich quer: Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ist nicht einverstanden mit der geplanten Steuerentlastung der Koalition.

© dpa

Marathonsitzung im Kanzleramt: Koalition vertagt Beschluss über Steuerentlastung

Die Steuerentlastung wird für Schwarz-Gelb zur quälenden Hängepartie: CDU und FDP kamen mit einem gemeinsamen Konzept zum Koalitionsgipfel. Doch CSU-Chef Seehofer machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.

Die schwarz-gelbe Steuerentlastung liegt auf Eis. Beim Koalitionsgipfel konnten sich die Partei- und Fraktionschefs von Union und FDP nicht auf ein endgültiges Konzept einigen. CSU-Chef Horst Seehofer habe die Umsetzbarkeit des gerade erst von FDP-Chef Philipp Rösler und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgelegten Modells infrage gestellt, weil der Plan durch den Bundesrat müsse, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Teilnehmerkreisen.

Nun soll am 6. November im Koalitionsausschuss ein Gesamtpaket mit wichtigen Streitfragen beschlossen werden. Bis dahin soll auch das längst überfällige Finanzierungskonzept für die Pflegereform stehen.

Um das Wachstum zu stützen, ist eine Aufstockung der Verkehrsinvestitionen um eine Milliarde Euro schon 2012 im Gespräch.

Die zentralen Projekte Steuern, Pflege, Verkehr und das von der CSU verlangte Betreuungsgeld stünden jedoch unter dem Vorbehalt einer Paketlösung: „Wenn nicht alles beschlossen ist, ist nichts beschlossen“, betonte die FDP. Die Unionsseite übernahm nach Darstellung aus der FDP-Spitze die Verantwortung für die Kommunikationspanne bei den Steuer-Vorschlägen. Dies habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitagabend klargestellt, erfuhr die dpa.

Rösler und Schäuble hatten am Donnerstag ein Konzept zur Steuerentlastung ab 2013 im Volumen bis zu sieben Milliarden Euro vorgestellt, was nach Angaben Seehofers nicht mit ihm abgestimmt gewesen war. Der bayerische Ministerpräsident war empört und nicht zu einem vereinbarten Gipfel-Vortreffen mit Merkel und den Unionsspitzen erschienen.

Wie es in den FDP-Kreisen weiter hieß, habe Seehofer nun unterstrichen, dass auch er die „kalte Progression“ - Lohnerhöhungen werden bei starker Preissteigerung durch die Steuer größtenteils aufgefressen - bekämpfen wolle. Nun sollen weitere Modelle gerechnet und parallel die Länder miteinbezogen werden. Beim für den 6. November ganztägig angesetzten Koalitionsausschuss sollen deshalb die Ministerpräsidenten der Unionsländer teilnehmen.

Am Freitagabend wurde laut Koalitionsangaben auch über die FDP-Variante gesprochen, untere und mittlere Einkommen alternativ über eine Senkung des Solidaritätszuschlags („Soli“) - und damit ohne den Bundesrat - zu entlasten.

Die Steuersenkung ist ein zentrales Wahlsprechen der Liberalen, die in Umfragen seit Monaten unter fünf Prozent liegen. Parteichef Rösler hatte geplant, die Steuereinigung noch vor der Klausur der FDP-Spitzengremien, die am Sonntag beginnt, unter Dach und Fach zu kriegen. Auch die CSU ist seit langem für eine Entlastung.

Eine grundsätzliche Verständigung gab es nach FDP-Angaben bereits bei der umstrittenen Zuwanderung ausländischer Fachkräfte. Die Einkommensgrenze dafür soll von 63 000 Euro auf 55 000 Euro reduziert werden. Die FDP wollte eigentlich 40 000 Euro erreichen.

Union und FDP signalisierten nach dem fünfstündigen Beratungen im Kanzleramt, das Treffen sei in einer „konstruktiven und guten Atmosphäre“ verlaufen. Es seien wichtige „Wegmarken“ zur Stärkung des Wachstums gesetzt worden.

Die Koalition will mit mehr Investitionen des Staates den sich abschwächenden Aufschwung stabilisieren. Vor allem die CSU hatte seit Wochen hartnäckig Druck für mehr Straßenbaumittel gemacht und fordert dafür eine Pkw-Maut als neue Finanzierungsquelle. FDP und die CDU-Spitze hatten eine Autobahngebühr mehrfach abgelehnt.

SPD-geführte Länder kündigten bereits ihr Veto im Bundesrat gegen Steuersenkungen an, die wegen der Euro-Risiken unverantwortlich seien. „Schuldenfinanzierte Steuergeschenke sind unverantwortlich“, begründete dies die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch von Unionsländern gibt es Widerstand gegen zusätzliche Einnahmeausfälle.

Beim Spitzentreffen berieten Union und FDP auch über die Euro-Schuldenkrise und den bevorstehenden Gipfel-Marathon in Brüssel. Die Runde sei sich einig gewesen, dass sie Kanzlerin Merkel bei ihren Bemühungen um einen stabilen Euro unterstütze. (dpa)

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