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Politik: Marine gibt Folter unter Pinochet zu

Chilenische Regimegegner wurden auf Segelschulschiff gequält

Santiago de Chile Die chilenische Marine hat erstmals die Beteiligung von Offizieren und Matrosen an Folterungen während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet zugegeben. In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung hieß es, die entsprechenden Aussagen in einem seit Sonntag im Internet zugänglichen Folterbericht seien „wahrheitsgemäß“. Es treffe auch zu, dass das Segelschulschiff „Esmeralda“ zu Beginn der Pinochet-Diktatur als Gefangenenlager und Folterzentrum benutzt worden sei. Aussagen von Folteropfern zufolge wurden auf der „Esmeralda“ Menschen, die dem Regime als politisch verdächtig galten, mit Stromstößen, Schein-Erschießungen und anderen Mitteln gequält.

Der weltberühmte Viermaster, der wegen seiner Eleganz auch „Dama blanca“ (Weiße Dame) genannt wird, sei nach dem Putsch von 1973 für zwölf Tage als geheimes Lager für Regimegegner missbraucht worden, räumte der Kommandeur der Marine, Admiral Miguel Angel Vergara, am Dienstag ein.

Das Schiff war bei Auslandsreisen in den vergangenen Jahren immer wieder das Ziel von Protesten. Zuvor hatte bereits das Heer seine Mitschuld an Folterungen unter der Militärdiktatur eingeräumt.

Seit Sonntag ist ein Untersuchungsbericht über die Folter während der Pinochet-Diktatur öffentlich zugänglich. Der von einer Untersuchungskommission erstellte 700-seitige Menschenrechtsbericht beruht auf den Aussagen von mehr als 35 000 Menschen, die unter Pinochets Regime Opfer von Folter und politischer Gefangenschaft waren. Der General regierte Chile nach einem Militärputsch von 1973 bis 1990. Während seiner Diktatur wurden rund 3000 Menschen ermordet oder verschwanden.

Chiles Regierung hat 28 000 Menschen als Folteropfer der Diktatur Pinochets anerkannt und will sie mit Renten auf Lebenszeit entschädigen. Dies hatte Präsident Ricardo Lagos bereits am Wochenende zugesichert. Die Opfer sollen umgerechnet etwa 140 Euro Rente pro Monat erhalten. Zudem solle ein nationales Institut für Menschenrechte gegründet werden, sagte Lagos.

Der sozialistische Präsident, der unter General Pinochet selbst im Gefängnis saß, hatte die Untersuchungskommission unter Leitung des Bischofs Sergio Valech vor einem Jahr eingesetzt. Die Aussagen hätten ergeben, dass die Quälereien systematisch und als Teil der staatlichen Politik erfolgt seien. 94 Prozent aller Festgenommenen hätten berichtet, sie seien gefoltert worden. Fast alle Frauen seien Opfer sexueller Gewalt durch die Militärs geworden. „Die Durchsicht von Tausenden von Zeugenaussagen hat mich erschüttert, so wie auch Sie erschüttert sein werden, wenn Sie sie lesen“, sagte Lagos.Tsp

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