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Die Stimmzettel für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Michael Kappeler

Martenstein über die Berlin-Wahl: Vielleicht doch besser Symbole auf die Stimmzettel drucken

Etwa die Hälfte der Berliner Drittklässler kann im Grunde weder lesen noch schreiben. Die Gefahr besteht, dass Erstwähler nun die anstehende Wahl zum Abgeordnetenhaus anfechten.

In einer Woche wird in Berlin gewählt. Angeblich. Ich glaube das erst, wenn es wirklich passiert ist. Die Flughafeneröffnungen sagen sie auch immer erst ganz kurzfristig ab.

Im Juni gab es dieses Problem mit der Software. Die Landeswahlleiterin schlug Alarm, die Wahl sei gefährdet, die Software funktioniere nicht. Angeblich haben sie es in den Griff bekommen – aber was heißt das schon? Jetzt wurde bekannt, dass an etliche Berliner falsche Briefwahlunterlagen verschickt wurden, da standen falsche Kandidatennamen auf dem Wahlzettel. Leider wurden keine Details mitgeteilt. War Michael Müller plötzlich Spitzenkandidat bei der Tierschutzpartei? Die Tiere auf dem BER-Gelände profitieren ja mit am meisten von der Nichteröffnung des Flughafens, völlig irre wäre das also nicht.

Wenn die Wahl tatsächlich gelingt, sage ich: Chapeau, da habt ihr mal was hingekriegt. Aber es ging ja diesmal wirklich um was, um all diese Senatorenposten zum Beispiel. Aber eine Wahl kann hinterher angefochten werden, zum Beispiel von der Tierschutzpartei wegen dieser Michael-Müller-Sache. Sie müssten plausibel machen, dass es sie Stimmen gekostet hat.

In Österreich fällt die Wahlkarte aus den Kuverts

In Österreich wird übrigens am 2. Oktober zum zweiten Mal versucht, einen Bundespräsidenten zu wählen. Auch diese zweite Wahl, liest man, soll gefährdet sein, man habe dort schon wieder, wie beim ersten Mal, unkorrekte Wahlkarten verschickt. Die Briefwähler stecken die Wahlkarte in ein Kuvert und senden das Kuvert ab, die Kuverts sind aber zum Teil Schrott, die Wahlkarte fällt auf dem Transport unten heraus und das Kuvert kommt leer an.

Für Berlin sehe ich eine andere Gefahr. Es gibt seit Jahren einen bundesweiten Schultest namens „Vera“. Berlin schneidet meist desaströs ab. Zuletzt wurde festgestellt, dass etwa die Hälfte der Berliner Drittklässler im Grunde weder lesen noch schreiben kann. Einige wissen immerhin, dass es so etwas wie „Schrift“ gibt. Vor ein paar Tagen kam dank „Tagesspiegel“ heraus, dass die Schulverwaltung die neuen Ergebnisse einfach nicht veröffentlichen wollte, vermutlich, um in der Bevölkerung keine Ängste vor Analphabetismus zu schüren. Das kam nicht gut an, sie mussten den Geheimhaltungsplan aufgeben. Es reicht, wenn die Ergebnisse erst nach der Wahl bekannt werden.

Wenn es dir nicht mal mehr gelingt, etwas zu vertuschen, hast du als Regierender wirklich ein Problem. Die Gefahr besteht, dass Erstwähler mit Berliner Schulhintergrund die Wahl anfechten mit der Begründung, dass sie die Wahlzettel nicht lesen können. Man müsste in Berlin, wie in anderen, ähnlich regierten Staaten, Symbole auf den Wahlzettel drucken, oder Tiere, die Hamsterpartei, die Goldfischpartei, die Eisbär-Knut-Partei und all so was.

Alle Infos rund um die bevorstehende Abgeordnetenhauswahl auf unserer Sonderseite: wahl.tagesspiegel.de und auf Twitter: @tspwahl

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