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Zwei, die polarisieren: Donald Trump (links) und Recep Tayyip Erdogan.

© AFP/Reuters

Martenstein über Politiker und Medien: Vorbild Trump? Wir brauchen einen Erdogan-Versteher

Eigentlich ist Trump bei Frauen unbeliebt. Umso schillernder sind Frauen, die ihn öffentlich verteidigen. Sie sind wichtig - auch für die Erdogans, Putins, Netanjahus. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

Die Arbeitsplätze in den Medien sind meistens prekär heutzutage. Welche Karrierestrategie kann man heutzutage einem jungen Menschen empfehlen, der was mit Medien machen will, etwa im Fernsehen? Wir müssen uns kurz Donald Trump anschauen.

Der US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ist vor allem bei Frauen unbeliebt. Falls er die Wahl verliert, dann wegen der Frauen. Interessanterweise umgibt sich Trump mit zahlreichen jungen bis halbjungen Mitarbeiterinnen, die von ihm begeistert sind oder so tun als ob. Seine Pressechefin ist die 26-jährige Hope Hicks. Trumps Sprecherin Katrina Pierson, 39, hat in einer Pressekonferenz, als Hommage an ihren Chef, sogar eine Halskette aus Patronenhülsen getragen.

Besondere Berühmtheit hat aber die 27-jährige Journalistin Kayleigh McEnany erlangt, die von Trump beruflich unabhängig ist und in fast jeder US-Fernsehdiskussion auftritt, in der jemand Trump verteidigen muss. Aus Gründen der Fairness braucht man immer so jemanden. Wenn eine junge Frau dies tut, ist der Thrill besonders groß. McEnanys Lieblingsargument zugunsten Trumps: „Menschen wollen Stärke.“ Man nennt sie „die Trumpversteherin“.

Das ist ein neuer Medienberuf. Verstehen Sie schwer verständliche Leute. Als noch Putin auf der Themenskala weit oben stand, vor der Flüchtlingskrise, kam Gabriele Krone-Schmalz als Putinversteherin fast jeden Abend im Fernsehen. Menschen wollen Stärke: Das könnte auch Frau Krone-Schmalz über Putin gesagt haben. Ein Ex-Nato-General, den vorher niemand kannte, Harald Kujat, ist jetzt als beinharter Putinversteher, der jedem Sturm standhält, fast so bekannt wie Jan Böhmermann. Wenn Putin die Atombombe einsetzt, wird Harald Kujat, von der Medienpräsenz her, der neue Thomas Gottschalk.

Eine GNTM-Kandidatin, das wäre es

Im Moment braucht man dringend Erdoganversteher. Falls Sie ein konservativer Türke sind oder eine Türkin mit Kopftuch, vergessen Sie es. Es muss überraschend sein, denken Sie an den Nato-General. Eine ehemalige „Germany's Next Topmodel“-Kandidatin mit zum Glück überwundenen Drogenproblemen, die Erdogan versteht und gut reden kann, das wäre der Hammer. Ich glaube, drei Talkshows kann man da schon mal garantieren.

Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.
Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.

© picture alliance / dpa

Aus dem gleichen Grund sollte man als Netanjahuversteher besser keinen jüdischen Background haben, ein Netanjahuversteher müsste schon mindestens Araber sein. Ein schöner Job für einen Flüchtling vielleicht. Falls Sie Jüdin sind, denken Sie über den Salafismus nach, kein einfacher Job, aber eine jüdische Salafismusversteherin fetzt so richtig. Lanz wird ihnen die Füße küssen. Halten Sie mich für zynisch? Ich habe die Spielregeln nicht gemacht, ich referiere nur. Sagen Sie: „Menschen wollen Stärke.“ Das passt immer.

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