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Als Pappkamerad immer präsent in der Wahlkampfzentrale: Martin-Schulz-Werbemittel mit roter Mütze im Willy-Brandt-Haus.

© Michael Kappeler/dpa

Martin Schulz im Wahlkampf: EU-Parlament rügt Personalentscheidungen des SPD-Kanzlerkandidaten

In Berlin präsentiert SPD die "Kampa", die Schulz zum Kanzler machen soll. In Brüssel rügt das EU-Parlament derweil die Bezahlungspraxis seines Ex-Präsidenten.

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Das Willy-Brandt-Haus konnte wissen, worauf es sich einließ: Ausgerechnet an dem Tag, an dem das Europaparlament seinem Ex-Präsidenten Martin Schulz eine Rüge wegen seiner Personalpolitik erteilte, stellte die SPD ihr Wahlkampfbüro "Kampa" vor. Die Vorwürfe gegen den Kanzlerkandidaten erklärte Generalsekretärin Katarina Barley am Rande des "Kampa"-Termins am Donnerstag zur "Schmutzkampagne", in der die Union mit Europafeinden kooperiere. Offenbar setzte sie darauf, dass Berichte über die „modernste Wahlkampfzentrale der Republik“ (Barley) mehr Wirkung entfalten würden als die Rüge aus Brüssel.

Die erste "Kampa" hatte die SPD im Wahlkampf 1998 noch in der Hauptstadt Bonn eingerichtet. Weil in den Medien damals viel über die neuen Methoden der Sozialdemokraten bei der Wählerwerbung berichtet wurde, profitierte SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder. Er galt auch aus diesem Grund als fortschrittlicher als sein Gegner Helmut Kohl. Seither bemühten sich SPD-Wahlkämpfer mit unterschiedlichem Erfolg, die Modernität ihrer Wahlkampforganisation zum öffentlichen Thema zu machen.

Generalsekretärin Barley pries deshalb am Donnerstag die "Kampa" mit ihren rund 100 Mitarbeitern als die "mit Sicherheit motivierteste Wahlkampfzentrale", der alle technischen Möglichkeiten "auf dem neuesten Stand" zur Verfügung stünden. Die überraschende Nominierung des Kanzlerkandidaten Schulz hatte Ende Januar die erste Mobilisierungswelle des SPD-Bundestagswahlkampfs ausgelöst – mehr als 16.000 Neueintritte verzeichnet die Partei bisher, mehrere Umfrageinstitute sahen die SPD im Bund vor der Union. Inzwischen haben die Zahlen wieder nachgegeben, die SPD bleibt aber weiter bei rund 30 Prozent und damit zehn Punkte höher als vor der Nominierung von Schulz. Als wichtige Etappenziele auf dem Weg zu Bundestagswahl im Herbst gelten nun die Verteidigung der SPD-geführten Landesregierungen in Kiel (Wahl am 7. Mai) und Nordrhein- Westfalen (Wahl am 14. Mai).

Weil die SPD ein massives Interesse daran hat, dass die Linkspartei in keinen der beiden Landtage einzieht, hätte die Parteiführung gerne verhindert, dass Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Dienstag beim rot-rot-grünen Gesprächskreis "Trialog" zu Gast war und das Treffen von Abgeordneten von SPD, Linken und Grünen so aufwertete. Signale, welche die Linkspartei als potenziellen Partner aufwerten, will die Bundes-SPD im Moment wegen der Landtagswahlen unbedingt vermeiden.

"Kritikwürdiger Umgang mit Steuergeldern"

Die Rüge des Europaparlaments bezieht sich auf das Gebaren, das Schulz als Parlamentspräsident des EU-Parlaments (2012 bis 2017) im Hinblick auf die Bezahlung seiner engsten Mitarbeiter an den Tag legte. Im Mittelpunkt der Vorwürfe stehen Privilegien, die Schulz seinem heutigen Wahlkampfmanager Markus Engels im Jahr 2012 laut Einschätzung der Parlamentsmehrheit zugeschanzt haben soll. Schulz soll seinen Vertrauten auf „Dauerdienstreise“ geschickt haben. Engels sei in Brüssel angestellt gewesen, habe aber von seinem bisherigen Wohnort Berlin aus seine Aufgaben versehen. Dafür habe er 16 Prozent Auslandszulage zusätzlich zu seinem Grundgehalt bekommen plus Tagesspesen, ohne überhaupt je reisen zu müssen.

Laut Beschluss hält dies das Parlament "für einen kritikwürdigen Umgang mit Steuergeldern und für nicht regelkonform". Jetzt ist die Parlamentsverwaltung am Zug. Sie soll für "eine Klärung der Umstände aller Dauerdienstreisen" sorgen sowie für die "Offenlegung der Gründe und Kosten der jeweiligen Dienstreise".

Zudem wirft die Chefin des Haushaltskontrollausschusses, Inge Gräßle (CDU), Schulz vor, 2015 engen Mitarbeitern in Brüssel und Straßburg regelwidrig Zulagen verschafft zu haben. Das Parlament kritisiert, Schulz habe sich "selbst ermächtigt, über die bestehende Kabinettszulage hinaus eine in der Höhe nicht begrenzte Sonderzulage an seine Kabinettsmitglieder vergeben zu können". Dabei sehe das Personalstatut eine solche Sonderzulage nicht vor. Das Parlament bittet die Verwaltung "um Prüfung, ob die Entscheidung über die Einführung einer solchen aufgehoben werden sollte".

Drittens rügt das Parlament, dass Schulz Mitarbeiter für parteipolitische Zwecke eingesetzt habe. Das Parlament "weist darauf hin, dass die EU-Beamten mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt werden, das nicht dazu dienen soll, dass Presse- oder andere Mitarbeiter sich für die Beförderung nationaler politischer Interessen eines Präsidenten einsetzen". Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) erklärte, es wolle kein Ermittlungsverfahren gegen Schulz einleiten.

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