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Politik: Maß halten

MANAGER UND GEHÄLTER

Von Dieter Fockenbrock

Das Fass ist übergelaufen. Die Aktionäre machen nicht mehr mit, wenn millionenschwere Jahresgehälter gezahlt werden, obwohl die Unternehmen rote Zahlen schreiben. Wenn dicke Abfindungen fließen und gescheiterte Vorstände mit gut dotierten Versorgungsposten belohnt werden. Früher haben sie nur ein wenig gemurrt, die kleinen und großen Aktionäre, heute leisten sie offenen Widerstand. In Großbritannien haben sie gerade einen Vorstand gestoppt, der sich sein Gehalt auf 16 Millionen Euro verdoppeln wollte. In München haben sie den ExChef der angeschlagenen Hypo-Vereinsbank ausgepfiffen, weil er trotz katastrophaler Zahlen den Vorsitz des Aufsichtsrates übernommen hat.

Aktionären ließe sich vorwerfen, dass sie nur sauer sind, weil sie keine satten Kursgewinne mehr einstreichen können. Doch inzwischen haben sich Politiker und Repräsentanten der Wirtschaft in die Debatte eingeschaltet. Ob Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber oder BDI-Präsident Michael Rogowski – über Managergehälter wird auch außerhalb der Hauptversammlungssäle heftig diskutiert. Die Justizministerin spielt sogar mit dem Gedanken, Vorstandsbezüge per Gesetz zu deckeln.

Das Unbehagen greift um sich, weil Misserfolge und Massenentlassungen nicht zu den Millionen-Einkommen der dafür Verantwortlichen passen. Weil Fehlentscheidungen doch nicht mit dicken Abfindungen belohnt werden können. Und weil die Generaldebatte um Deutschlands Zukunft, um Sparen, Abspecken und Konsolidieren an vielen deutschen Topmanagern spurlos vorüberzugehen scheint. Das ganze Land ist im Umbruch – und die Spitzenleute der Wirtschaft kassieren weiter ab? Darf der Chef der größten deutschen Bank, Josef Ackermann, fast sieben Millionen Euro pro Jahr verdienen? Ist es wirklich die neue Bescheidenheit, wenn der Telekomchef Kai-Uwe Ricke „nur noch“ 1,25 Millionen Euro Festgehalt bezieht?

Welches Gehalt ist angemessen? Aus Sicht eines Angestellten mit 50 000 Euro Jahreseinkommen sind alle Vorstandsgehälter gigantisch. Eher bescheiden wirken sie dagegen aus globalem Blickwinkel. In den USA werden ganz selbstverständlich Gehälter in zweistelligem Millionenbereich gezahlt. Das muss kein Vorbild sein. Doch mit der typisch deutschen Neiddebatte kommen wir nicht weiter.

Denn die ist mitverantwortlich dafür, dass Manager sich aus Furcht vor emotionsgeladener Kritik verstecken, ihre Bezüge unter Verschluss und die Öffentlichkeit im Dunkeln halten. Wir brauchen genau das Gegenteil: Offenlegung in allen Details. Nur so können die Absahner von den Verantwortungsvollen getrennt, kann die entscheidende Frage beantwortet werden: Sind die Top-Leute ihr Geld auch wirklich wert? Werden gute Leistungen belohnt – und schlechte spürbar bestraft? Hat Heinrich von Pierer die Arbeitsplätze der 420 000 Siemens-Mitarbeiter in allen Teilen der Welt sicher gemacht? Hat Jürgen Schrempp bei Daimler-Chrysler die richtige Modellpolitik für Asien, Europa und Amerika gefahren? Ob den Mitarbeitern, den Aktionären und der Gesellschaft das eine halbe oder mehrere Millionen Euro Jahresgehalt wert ist, kann nicht nach Tariftabelle entschieden werden. Über die Dotierung solcher Spitzenjobs entscheidet der internationale Wettbewerb um die besten Köpfe.

Keine Frage: Einige von denen, die sich dafür halten, haben der gesamten Managerbranche keinen guten Dienst erwiesen. Jetzt droht ihnen der Gesetzgeber. Es liegt bei den Top-Managern selbst, durch Transparenz und Leistung ihre Einkommen zu rechtfertigen – und ihren schlechten Ruf zu widerlegen.

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