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Noch beherrschen Soldaten die Straßen der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Sie proben für die Parade am Nationalfeiertag am Sonntag. Doch am Samstag wollen Demonstranten das Straßenbild beherrschen. Ihre Farbe ist gelb.

© Fazry Ismail/dpa

Massenproteste in Malaysia: Oppositionsbündnis demonstriert gegen Korruption

Malaysias Opposition will trotz eines Verbots protestieren. Premier Najib Razak hat 700 Millionen Dollar überwiesen bekommen. Umstritten ist allerdings, woher das Geld gekommen ist.

34 Stunden lang will die Opposition in Malaysia am Samstag und Sonntag demonstrieren. Dass die Polizei den Massenprotest verboten hat, damit hätten die Organisatoren von Anfang an gerechnet, sagt Thomas Gambke. Der grüne Bundestagsabgeordnete ist Vorsitzender der Asean-Parlamentariergruppe und war Anfang des Monats in Malaysia. Eigentlich wollte er den inhaftierten Oppositionsführer Anwar Ibrahim besuchen, für den Gambke vor drei Jahren eine „parlamentarische Patenschaft“ übernommen hatte. Doch das hat ihm die durch einen Korruptionsskandal bedrängte Regierung in Kuala Lumpur nicht erlaubt.

Am Vorabend des Nationalfeiertags hat ein großes Oppositionsbündnis unter dem Namen „Berish 4“ zu einer Großdemonstration aufgerufen. Das findet Premierminister Najib Razak ziemlich unpatriotisch. Auf seiner Internetseite schrieb Najib am Freitag, es sei „unangemessen“, so kurz vor dem 58. Unabhängigkeitstag zu demonstrieren, an dem es doch um Einigkeit gehe. Aber die Organisatoren haben nicht vor, sich von Versammlungsverboten oder Appellen ihres ungeliebten Premiers aufhalten zu lassen. Maria Chin Abdullah rief ihre Anhänger auf, auf die Straße zu gehen, aber Kinder und Feuerwerkskörper oder andere  „Waffen“ zu Hause zu lassen. Die Polizei ließ derweil wissen, sie sei darauf vorbereitet, mit „Störern fertig zu werden“. Die Bundespolizei ist in Einsatzbereitschaft, und die Armee hat in der Hauptstadt eine „Übung“, will aber nur eingreifen, „wenn der Ausnahmezustand“ verhängt wird, zitiert die Tageszeitung „The Star“ einen Militärsprecher.

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Was die Opposition so erbittert, ist ein Korruptionsskandal von „enormer Dimension“, wie Thomas Gambke sagt. Im Juli hatten das von einer britischen Journalistin geführte Internetportal „Sarawak Report“ und das „Wall Street Journal“ von einem Wistleblower Material zugespielt bekommen, aus dem hervorging, dass Premier Najib 700 Millionen Dollar auf seine Privatkonten überwiesen bekommen hatte, die offenbar für den Wahlkampf 2013 genutzt werden sollten. In den beiden Publikationen hieß es, das Geld stamme vom Malaysischen Entwicklungsfonds, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Najib ist. Nachdem die Regierung  die „Sarawak-Report“-Seite gesperrt und eine Verleumdungsklage gegen das „Wall Street Journal“ angekündigt hatte, ließ Najib erklären, das Geld stamme von reichen arabischen Spendern. Najib entließ seinen Vizepremier, der ihn kritisiert hatte, feuerte den Chef der Anti-Korruptionsbehörde und entließ den Generalstaatsanwalt, der in dem Fall ermitteln wollte. „Das war übrigens der gleiche Tag, an dem auch der deutsche Generalstaatsanwalt aus ganz anderen Gründen entlassen wurde“, erzählt Gambke.

Gambke: Regierung schüchtert Opposition ein

Thomas Gambke findet, dass die Bundesregierung zu diesem  Korruptionsskandal „nicht einfach schweigen“ könne. Die Regierung Najib schränke das Recht auf  freie Meinungsäußerung ein, verbiete  Demonstrationen und schüchtere die Opposition ein. Oppositionsführer  Anwar Ibrahim war  wegen des  Vorwurfs der Homosexualität zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Gambke, der sich mit seiner Frau Wan Azizah Wan Isamail getroffen hat, die unterdessen die Parteiführung der PAK übernommen hat, sagt: „Anwar Ibrahims aktuelle Haftbedingungen sind nicht in Ordnung.“  Ihm sei medizinische Versorgung verweigert worden. Zudem wurde sein „Zugang zu Informationen äußerst eingeschränkt“. Seine Frau dürfe ihn nur einmal im Monat besuchen. „Mir wurde das persönliche Gespräch mit Anwar Ibrahim von der Regierung verweigert – ich nehme an, um zu verhindern, dass die ausländische Presse auf Anwars Ibrahims Schicksal aufmerksam wird“, sagte Gambke. Ende Juni hatte eine Parlamentariergruppe der Internationalen Parlamentarischen Union (IPU) Anwar im Gefängnis besucht. Daraufhin ist ihm zumindest gestattet worden, acht Bücher im Monat zu lesen, berichtet Gambke.

Malaysia-Experte Ufen sieht kaum Chancen für eine Abwahl

Der Malaysia-Experte des Giga-Forschungsinstituts in Hamburg, Andreas Ufen, rechnet am Wochenende mit einer großen Demonstration. Dennoch erwartet er nicht, dass es der Opposition gelingen könnte, Najib im Parlament abwählen zu lassen. Gambke meint, dass die Opposition „nur 30 Abgeordnete des Regierungslagers“ auf ihre Seite ziehen müsse. Die Oppositionsparteien hatten bei der Wahl 2013 mehr Stimmen als die seit der Unabhängigkeit regierende Unmo-Partei samt ihren Koalitionspartnern. Doch die Eigenheiten des malaysischen Wahlrechts führten dazu, dass das Regierungslager dennoch eine Mehrheit im Parlament hat. Ufen berichtet, dass Stimmen auf dem Land viel stärker gewichtet werden als Stimmen aus der Stadt. Er spricht deshalb von „gestohlenen Wahlen“. Tatsächlich gibt es Spannungen in der Regierungspartei. Am Freitag verklagte ein Unmo-Mitglied ihren Parteichef, Premier Najib, mit dem Ziel, dass er „die Herkunft der 700 Millionen Dollar offenlegen muss“.

Premierminister Najib Razak hat 700 Millionen Dollar auf seine Privatkonten überwiesen bekommen. Ihm wird vorgeworfen, das Geld vom staatlichen Entwicklungsfonds abgezweigt zu haben. Er spricht aber von "arabischen Spendern".
Premierminister Najib Razak hat 700 Millionen Dollar auf seine Privatkonten überwiesen bekommen. Ihm wird vorgeworfen, das Geld vom staatlichen Entwicklungsfonds abgezweigt zu haben. Er spricht aber von "arabischen Spendern".

© Mohd Rasfan/AFP

Aber vor wenigen Wochen hat sich  eine islamistische Partei, die bisher zum Oppositionsbündnis gehörte, gespalten. Die Konservativen in der PAS-Partei verlangen die Einführung des islamischen Rechts – in Malaysia wird das Hudud genannt, anderswo Scharia. Da wollten die jungen Unternehmer, die sich in der PAS versammelt hatten, aber nicht mehr mitgehen. Damit ist nach Ufens Einschätzung auch die Opposition im Parlament geschwächt. Mit Blick auf  kommende Wahlen hält Ufen es für nötig, dass die Parteienfinanzierung in Malaysia reformiert wird. Denn bisher gebe es keine Grenzen für die Höhe von Spenden, die die Parteien annehmen dürften, und auch die Rechenschaftslegung sei lax. „Das ist zwar legal“, sagt Ufen, „aber es ist so illegitim, dass der Druck  gestiegen ist.“

Die ethnische Karte

Dass in der Regierungspartei Umno inzwischen etwas Panik ausgebrochen ist, zeigt eine der jüngsten Reden des Premiers vor einem Parteitag am Freitag. Da fragte Najib: „Was wird aus den Malayen (der Mehrheitsethnie) und den Muslimen werden, wenn Umno die Macht verliert?“ Sein Bildungsminister wurde noch etwas deutlicher. Er sagte: „Die Malayen müssen die Regierung führen, unterstützt von unseren Freunden anderer Rassen.“ Die Vorherrschaft der Malayen ist einer der Gründe, warum sich viele Chinesen und Inder der Opposition angeschlossen haben und am Wochenende auf die Straße gehen wollen.

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