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Maßnahmen gegen Masernwelle in Berlin: Keine Impfung, keine Kita

Jede Woche stecken sich zehn Berliner mit Masern an. Bei der Impfkonferenz in Berlin wird am Donnerstag über strengere Maßnahmen und Anreize zum Impfen beraten.

In der Debatte um das Impfen in Deutschland haben Politiker und Ärzte neue Maßnahmen angekündigt. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin, der alle niedergelassenen Praxismediziner angehören, die gesetzliche Versicherte versorgen, will offensiver für das Impfen werben – und über die geringen Risiken der Immunisierung aufklären. Die Bundesregierung hat sich zudem auf Maßnahmen für mehr Impfungen geeinigt. Anlass ist die Masernwelle, die seit Herbst 2014 anhält und in deren Verlauf sich allein in Berlin 1300 Männer, Frauen und Kinder angesteckt haben. Im Schnitt infizieren sich derzeit zehn Berliner die Woche mit Masern.

WHO will Masern in Europa bis 2020 ausrotten

Die Länder sollen nun die Möglichkeit haben, ungeimpften Kindern den Besuch von Kita oder Schule zu verweigern, wenn Masern dort grassieren. Außerdem müsse eine Impfberatung eines Arztes nachgewiesen werden. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hält dies für unzureichend, er fordert eine Impfpflicht für alle, die sich dauerhaft in öffentlichen Einrichtungen aufhalten. An diesem Donnerstag treffen sich 250 Fachleute in Berlin auf der 4. Nationalen Impfkonferenz. Sie beraten darüber, wie Infektionen besser bekämpft werden können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte zum Ziel erklärt, Masern in Europa bis 2020 Masern auszurotten.

An der Konferenz nehmen der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU), die Brandenburger Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) teil. Zudem soll eine Geschäftsstelle für den Nationalen Impfplan errichtet werden, der auf der Konferenz in Berlin beschlossen werden wird. Die Geschäftsstelle wird in Bayern sitzen, aber von allen Ländern und dem Bund finanziert werden. Senator Czaja hatte eine generelle Impfpflicht gefordert. Die Berliner KV kritisierte seine Politik am Dienstag.

Kassenärzte gegen Impfpflicht

Von einer Impfpflicht hält Stephan Bernhardt jedenfalls nicht viel. „Alles, was mit Druck und Zwang zu tun hat, versuchen die Leute zu vermeiden“, sagte der Allgemeinmediziner, der Mitglied im Berliner Impfbeirat ist. „Und die Impfgegner zu überzeugen, ist Zeitverschwendung, das ist nur eine sehr kleine Gruppe. Wir müssen uns vielmehr auf diejenigen konzentrieren, die aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit nicht impfen.“ Am Dienstag stellte er mit seinen Kollegen aus der KV die neue Impfkampagne des Verbandes vor. Um das Virus einzudämmen, müssten 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein, sagen Kassenärzte und WHO. In Berlin sind aber nur rund 90 Prozent der Schulanfänger zweimal gegen Masern geimpft, bei den älteren Jahrgängen sind es deutlich weniger. Ärzte und Gesundheitsverwaltung raten, Babys bereits mit neun Monaten das erste Mal zu impfen.

Zuviel Bürokratie?

Einen Grund für die zu geringe Quote sieht die KV in bürokratischen Hindernissen. Die Krankenkassen müssten flexibler reagieren. Noch immer seien Impfungen für Menschen, die vor 1970 geboren sind, nicht automatisch abrechenbar. Die Ärzte kritisierten Senator Czaja auch mit Blick auf die Versorgung von Flüchtlingen; es gebe da großen Nachholbedarf. „Wir haben der Gesundheitsverwaltung vorgeschlagen, in Flüchtlingsunterkünften Behandlungszimmer einzurichten, in denen unsere Ärzte impfen könnten. Aber das wurde abgelehnt“, sagt Burkhard Bratzke vom KV-Vorstand. Stattdessen wird derzeit eine zentrale Impfberatungsstelle am Landesamt für Gesundheit und Soziales eingerichtet. Im September soll sie eröffnet werden.

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