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Demnächst Bürokratiebekämpfer: Peer Steinbrück.

© dpa

Matthies meint: Das gefräßige Bürokratiemonster

Alternde Politiker werden gerne zu Bekämpfern des Verwaltungsmonsters. Dabei können auch aktuelle Größen dazu werden - mit einem neuen Gesetz, das als Bürokratiebremse Deutschland verändern wird. Hmhm. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Gealterte Politiker kümmern sich, im Rentenalter angekommen, gern darum, den Schaden wieder gutzumachen, den sie vorher angerichtet haben. Viel ist da meist nicht zu machen – aber am Ende bleibt zumindest der Kampf gegen die Bürokratie, jenes gefräßige Monster, das sich an den guten Absichten der Regierenden mästet wie der Hai am Windsurfer.

Berühmt geworden ist der späte Anti-Bürokratie-Einsatz Edmund Stoibers, der es bei der EU noch vom Transrapid-Trottel zum coolen Senior-Sheriff brachte; seit letzter Woche ist auch Peer Steinbrück wieder auf dem Markt, und zwar mit 23 Thesen, nein, Entschuldigung, Vorschlägen zur Vereinfachung des Steuerrechts, die in den kommenden Monaten – bestenfalls – schön langsam zerredet werden.

Aber muss das immer so sein? Können nicht auch mal aktive Politiker ... Können sie! Am morgigen Mittwoch wird das Bundeskabinett offenbar eine Bürokratie-Bremse beschließen, die dem „One in, one out“-Prinzip folgt. Das heißt: Wenn Unternehmen durch ein neues Gesetz belastet werden, muss ihnen ein anderes vom Hals geschafft werden. Ähnlich wie die Schuldenbremse ist das ein Versprechen, dass zumindest alles nicht noch schlimmer werden soll; besser wird die Lage deshalb aber noch lange nicht. Und: Diese Bremse soll erst am 1. Juli angezogen werden. Warum? Weil einige Minister vorher noch schnell die Welt retten wollen, und das braucht seine Zeit: Die Arche Noah, von Andrea Nahles begleitet, wäre wegen des langen Streits mit Noah um das Tageslicht in den Teeküchen und den Mindestlohn für Tierpfleger ganz sicher von der Sintflut weggeräumt worden.

So wird man nun auch diesmal ganz sicher davon ausgehen können, dass jedes Gesetz, das neue Bürokratie hinter sich herzieht, pünktlich zum 1. Juli unter Dach und Fach ist. Das bedeutet: Zu den schon vorhandenen 17200 Einzelregelungen für Bürger und Wirtschaft kommen erst noch ein paar Dutzend hinzu, bevor dann im Sommer „one in, one out“ in Kraft tritt. Vielleicht, wer weiß, gibt es in den Ministerien auch ein paar ganz hartgesottene Profis, die rasch noch ein paar restlos überflüssige, besonders dämliche Gesetze einbringen, damit sie später was zum Streichen herschenken können?

Ach, da ist noch was: Wenn ein neues Gesetz von der EU-Rechtslage erzwungen wird, gilt die Bürokratie-Bremse sowieso nicht. Wo sind Stoiber und Steinbrück, wenn man sie wirklich braucht?

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