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Max Stadler.

© ddp

Max Stadle: "Die Pressefreiheit muss gestärkt werden"

Justizstaatssekretär Max Stadler über undichte Stellen in Behörden und die Arbeit von Journalisten.

Herr Stadler, angenommen, Wikileaks- Gründer Julian Assange hätte geheime Dokumente der Bundesregierung im Internet veröffentlicht. Könnte er dafür in Deutschland wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat belangt werden?

Da ist die Rechtslage derzeit noch strittig. Unabhängig von der Wikileaks-Debatte will die Bundesregierung jetzt gesetzlich klarstellen, dass die Veröffentlichung geheimen Materials in den Medien nicht länger als Beihilfe zum Geheimnisverrat strafrechtlich verfolgt werden kann.

Wer die geheimen Informationen an die Medien weitergibt, soll bestraft werden – aber nicht, wer sie veröffentlicht?

Wer als Behördenmitarbeiter eine als geheim eingestufte Information herausgibt, macht sich selbstverständlich weiterhin strafbar. Das gilt auch für denjenigen, der den Behördenangehörigen dazu anstiftet. Ein Journalist, der ihm zugespielte geheime Informationen aber nur verwertet, kann nach unserem Gesetzesentwurf deshalb nicht belangt werden. Es geht uns letztlich darum, die Pressefreiheit zu stärken. Es muss möglich sein, relevante Informationen der Öffentlichkeit ohne Angst vor Strafverfolgung zugänglich zu machen, auch wenn diese Informationen von jemandem weitergegeben wurden, der dabei seine Geheimhaltungspflicht verletzt hat.

Wie viele Fälle sind Ihnen bekannt, bei denen gegen Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat vorgegangen wurde?

Nach Angaben der journalistischen Berufsorganisationen hat es in den letzten Jahren etwa 160 solcher Verfahren gegeben. Das spektakulärste Beispiel war die Redaktionsdurchsuchung des Monatsmagazins „Cicero“, das geheime BKA-Informationen veröffentlicht hatte …

... und die vom Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt wurde. Ist die Rechtslage durch die Karlsruher Entscheidung nicht hinreichend geklärt?

Die Entscheidung war ein wichtiger Impuls für das neue Gesetz, das wir aber unabhängig davon eingebracht haben. Das Urteil deckt außerdem nicht alle Fälle ab. Das Gesetz wird vor allem mit der Praxis aufräumen, dass Ermittlungsbehörden in Wirklichkeit über den Umweg der Strafverfolgung von Journalisten versuchen, auf die Spur derer zu kommen, die die geheimen Informationen weitergegeben haben, also die undichte Stelle im Behördenapparat ausfindig zu machen. Diese Praxis schränkt die Pressefreiheit in nicht akzeptabler Weise ein.

Wann wird das Gesetz in Kraft treten?

Die erste Lesung im Bundestag hat bereits stattgefunden. Am 26. Januar 2011 wird der Rechtsausschuss eine Sachverständigenanhörung durchführen. Ich rechne also damit, dass das Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit zur Jahresmitte 2011 in Kraft treten kann.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger.

Max Stadler (61) ist seit Oktober 2009 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium. Seit dem Jahr 1972 gehört der gebürtige Passauer den Freidemokraten an.

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