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Mecklenburg: Politikerbüros immer öfter Ziel von Anschlägen

Farbbeutel, Nazi-Parolen, Flaschen oder Steine: Politiker in Mecklenburg sprechen von einer "neuen Qualität" politisch motivierter Anschläge gegen sie. Der Staatsanwalt vermutet einen rechten Hintergrund.

Die Landtagsabgeordneten Rudolf Borchert (SPD) und Toralf Schnur (FDP) kamen kürzlich nur schwer in ihre Büros in Waren an der Müritz. Die Türschlösser waren mit harzartigem Klebstoff verschmiert, die Fassaden mit Nazi-Slogans besprüht. Im Landesparlament stützt der eine die Regierung, der andere opponiert. Im gemeinsamen Wahlkreis allerdings finden beide meist deutliche Worte gegen die rechtsextreme NPD, die in Mecklenburg-Vorpommern mit sechs Abgeordneten im Landtag sitzt und seit Jahren versucht, in den Kommunen dauerhaft Fuß zu fassen.

Eine Woche zuvor war das Büro von Jochen Schulte (SPD) in Rostock Ziel eines ähnlichen Anschlags. Im Februar suchten die Täter gleich zweimal den Wahlkreisstützpunkt von Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) heim. Backhaus sorgt sich um die Sicherheit seiner Wahlkreismitarbeiter. Auch das Büro des früheren Bundestagsabgeordneten Christian Kleiminger wurde zweimal angegriffen. Es flogen Farbbeutel, Flaschen oder Steine. Auch manche Fensterscheibe ging inzwischen zu Bruch. Hinzu kommen Hakenkreuze oder Slogans wie „Nationaler Widerstand – Jetzt“. Fritz Tack, Linken-Abgeordneter in Schwerin, berichtet, er habe schon dreimal Fenster erneuern müssen.

SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Nieszery sieht die Entwicklung „mit großer Sorge“. Es sei eine „neue Qualität“, dass die rechte Szene so gezielt gegen SPD-Büros vorgehe – „möglicherweise, weil wir so konsequent gegen sie Front machen“. Ob die Anschläge zentral gesteuert werden, vermag er nicht zu sagen. Aber klar ist für ihn, dass „die NPD als wahrer Brandstifter“ dahintersteckt. Nieszery: „Ich habe jedenfalls noch nicht gehört, dass sich einer ihrer Funktionäre davon distanziert hat.“ Einschüchtern lassen wollen sich die Sozialdemokraten nicht. Im Gegenteil, die Anschläge seien sogar „Motivationsschub“, um weiterhin konsequent gegen Rechts zu agieren.

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) meint, durch die „feigen“ Anschläge würden „die Werte unserer demokratischen Gesellschaft mit Füßen“ getreten. Gefasst worden ist unterdessen noch keiner der Täter. Der Staatsschutz ermittelt. In einem Fall wurde das Verfahren erfolglos eingestellt. Der Rostocker Staatsanwalt Peter Lückemann vermutet durchaus einen Zusammenhang zwischen den Taten und auch einen rechten Hintergrund. Aber an Spekulationen will er sich nicht beteiligen.

Betroffen sind nicht nur Abgeordnete der demokratischen Parteien. So wurde das Haus eines NPD-Mannes in Waren von Unbekannten mit Farbbeuteln attackiert, nachdem er ins Stadtparlament gewählt worden war. Mehr Erfolg hatten die Fahnder nach einem Brandanschlag auf einen Szeneladen der Rechten in Rostock. In der vergangenen Woche wurden zwei verdächtige Männer verhaftet. Der Laden gehört dem NPD-Landtagsabgeordneten Bürger Lüssow. Das Bekleidungsgeschäft war seit langem Zielscheibe von Protesten der eher linken Szene. Im vergangenen Jahr wurde ebenfalls das Auto einer NPD-Sympathisantin in Rostock angezündet. Weil es nicht der einzige Wagen war, der in Rostock brannte, sucht inzwischen das Landeskriminalamt nach Verbindungen zu ähnlichen Angriffen, die vor allem auf Luxuskarossen in Berlin, Hamburg und Leipzig verübt wurden.

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