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Die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan zeigt Wirkung - so zumindest interpretiert ein CDU-Politiker die erfolgreiche Festnahme eines Taliban-Führers.

© dapd

Update

Medienbericht: Bundeswehr fasst Talibanführer von Kundus

Mit Hilfe der Bundeswehr wurde der Taliban-Kommandeur von Kundus gefasst, der für den Tod deutscher Soldaten verantwortlich sein soll. Es ist allerdings möglich, dass er eines Tages wieder auf dem Schlachtfeld auftaucht.

Zwei besonders traumatische Ereignisse prägen den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch. An beiden war der Taliban-Kommandeur Mullah Abdul Rahman nach Darstellung der Polizei in der nordafghanischen Provinz Kundus maßgeblich beteiligt.

Er war demnach für den Angriff auf die Bundeswehr am Karfreitag 2010 verantwortlich, bei dem drei deutsche Soldaten starben. Und er soll die Entführung von zwei Tanklastzügen befohlen haben, die die Bundeswehr danach bombardieren ließ - dabei starben im September 2009 Dutzende Zivilisten. Am Dienstag bestätigte die Polizei, dass Abdul Rahman am vergangenen Freitag gefasst wurde. An dem Einsatz war nach Angaben der Provinzregierung das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr beteiligt. Die „Bild“-Zeitung hatte die Festnahme zuerst gemeldet.

Abdul Rahman war eine zentrale Figur der Taliban in der Provinz, in der die Bundeswehr die meisten ihrer Gefallenen in Afghanistan zu beklagen hat. Der Aufständische hatte sein Alter bei einem konspirativen Treffen mit „Spiegel“-Reportern kurz nach dem verheerenden Luftschlag auf die Tanklastzüge im Herbst 2009 mit 35 angegeben. Er bombte sich seinen Weg in der Taliban-Hierarchie nach oben.

Abdul Rahman trat zunächst als Kommandeur der Aufständischen in Char Darah in Erscheinung, dem damals gefährlichsten der sieben Distrikte der Provinz Kundus. In Char Darah kam es 2009 zu dem Debakel mit den Tanklastzügen, das wegen der zivilen Opfer bei dem Luftschlag ganz Deutschland erschütterte. Ebenfalls in Char Darah organisierte Abdul Rahmen den Polizeiangaben zufolge den Hinterhalt vom Karfreitag 2010, der die bislang schwersten Gefechte in der Geschichte der Bundeswehr zur Folge hatten.

Um diese Zeit herum stieg der Distrikt-Kommandeur zum „Schatten-Gouverneur“ der Taliban für die ganze Provinz auf. Die Taliban behaupten, in allen 34 afghanischen Provinzen mit ihren „Schatten-Gouverneuren“ Parallelstrukturen zur Regierung installiert zu haben.

Die „Schatten-Gouverneure“ führen alle Aktivitäten der Taliban in den jeweiligen Provinzen und haben entsprechende Macht. Doch ihr Job ist ungemein gefährlich. Sie sind regelmäßig das Ziel von Operation wie der in Kundus vom vergangenen Freitag, bei der Abdul Rahman laut Polizei ins Netz ging.

Westliche Diplomaten spotten, die „Amtszeit“ der „Schatten-Gouverneure“ werde durch Spezialkräfte vor allem der Amerikaner im Schnitt auf wenige Monate begrenzt. Tatsächlich ereilte zwei Vorgänger Abdul Rahmans in Kundus ein solches Schicksal binnen kurzer Zeit: Mullah Abdul Salam wurde im Februar 2010 festgenommen, Mullah Yar Mohammad alias Mullah Noor Mohammad im April desselben Jahres getötet. Im darauffolgenden September geriet der Stellvertreter Abdul Rahmans in Gefangenschaft, der nächste Vize starb drei Monate später bei einem gezielten Luftschlag.

Allerdings: So schnell die Taliban-Anführer aus dem Verkehr gezogen werden, so schnell finden die Aufständischen auch wieder Ersatz. Ein Offizier der Nato-geführten Schutztruppe Isaf schätzt, dass es in der Regel nur zwischen zwei Tagen und acht Wochen dauert, bis ein neuer todesmutiger Kandidat einen solchen Posten übernommen habe. Und von den Nachrückern heißt es immer wieder, dass sie ihre Vorgänger an Gewalt noch überböten. Und außerdem: Auch wenn Taliban-Kommandeure festgenommen werden, heißt das nicht unbedingt, dass sie damit für immer vom Schlachtfeld verschwinden.

Im Mai 2009 war es dem KSK nach langer Verfolgungsjagd gelungen, einen mutmaßlichen Anführer der Aufständischen zu fassen. Der Mann namens Abdul Rasik stand wie nun Abdul Rahman im Verdacht, Drahtzieher von Anschlägen gegen die Bundeswehr gewesen zu sein. Wie nun auch Abdul Rahman wurde Abdul Rasik an die afghanischen Behörden übergeben. Dann verliert sich Abdul Rasiks Spur.

Von einem Verfahren oder einer Verurteilung durch ein Gericht wurde nie etwas bekannt. Recherchen wurden von den afghanischen Behörden abgeblockt. Deutsche Stellen konnten oder wollten keine Auskunft über das weitere Schicksal Abdul Rasiks geben.

Möglicherweise landete er in einem afghanischen Geheimgefängnis. In der Vergangenheit wurden aber auch Fälle bekannt, in denen sich Taliban-Kommandeure mit Schmiergeld aus der Haft freikauften. Oder den Aufständischen gelingt die Flucht. Im südafghanischen Kandahar stürmten Aufständische 2008 das Gefängnis, sie befreiten rund 1000 Häftlinge, darunter Hunderte Mitkämpfer. Und im vergangenen Jahr gruben gefangene Aufständische im selben Gefängnis einfach einen Tunnel in die Freiheit. Fast 500 Taliban-Kämpfern gelang die Flucht. (dpa)

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