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Iranische Unterhändler treffen zu Gesprächen über das Nuklearprogramm in der Türkei ein.

© Reuters

Iranisches Atomprogramm: Mehr als ein Teilerfolg ist nicht drin

Am Bosporus haben zweitägige Gespräche über das Teheraner Atomprogramm begonnen. Trotz Sanktionen und Stuxnet zeigen sich die Iraner in Istanbul selbstbewusst.

Wenn die USA und die anderen westlichen Teilnehmer der internationalen Atomgespräche mit dem Iran gehofft haben sollten, Teheran werde unter dem Eindruck der jüngsten Sanktionen und des Computer-Wurms Stuxnet mehr Flexibilität bei der Suche nach Lösungen im Atomstreit zeigen, dann haben sie sich wohl getäuscht. Zum Auftakt zweitägiger Unterredungen über das umstrittene iranische Nuklearprogramm in der türkischen Metropole Istanbul zeigten sich die Teheraner Unterhändler am Freitag zwar gesprächsbereit, in der Sache aber unnachgiebig. Mehr als ein Teilerfolg wird in Istanbul wohl nicht drin sein.

„Wir haben sie in ein Zimmer gesteckt und machten die Tür zugemacht“, berichtete ein Diplomat der Gastgeberin Türkei am Rande der Konferenz. Die Delegationen der Iraner und der so genannten P5+1-Gruppe aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA – plus Deutschland tagten im hermetisch abgeriegelten Ciragan-Palast am Bosporus, einem Prachtbau aus osmanischer Zeit. Die Medien wurden auf Armeslänge gehalten und mussten die Konferenz in einem Pressezentrum in rund einem Kilometer Einfernung beobachten.

Was trotz der Abschirmung aus den Gesprächen hinter den verschlossenen Palasttüren nach draußen drang, klang nicht nach Durchbruch – was ohnehin niemand erwartet hatte – oder auch nur nach raschen Fortschritten auf dem Weg zu einer Lösung. Dabei hatten westliche Experten vor der Istanbuler Tagung die Hoffnung geäußert, dass die Iraner inzwischen eher zu Kompromissen bereit sein könnten als in der Vergangenheit. Die jüngste Sanktionsrunde vom vergangenen Jahr habe die Fortschritte im iranischen Atomprogramm verlangsamt und auch die iranische Wirtschaft an sich getroffen, hieß es. Der Computer-Wurm Struxnet soll zumindest einige der zur Urananreicherung benötigten Gaszentrifugen der Iraner außer Gefecht gesetzt haben.

„Es könnte schon sein, dass sie konstruktiver sind“, sagte ein westliches Delegationsmitglied zu Beginn der Gespräche am Freitagmorgen. Die letzte Gesprächsrunde über das iranische Atomprogramm, das nach westlichen Befürchtungen militärischen Zielen dienen könnte, war im Dezember in Genf schon allein deshalb als Erfolg gewertet worden, weil das Folgetreffen in Istanbul vereinbart wurde. Am Bosporus soll es nun in der Substanz weiter voran gehen.

Im Mittelpunkt steht dabei der Vorschlag eines Uran-Tauschs. Danach würde Iran schwach angereichertes Uran im Ausland – etwa in der Türkei – zwischenlagern und erhielte dafür höher angereichertes Uran für medizinische Zwecke aus dem Westen. Im vergangenen Jahr hatte der Westen einen von Türken und Brasilianern ausgehandelten Uran-Deal abgelehnt, weil es darin nur um 1,2 Tonnen Uran ging, Iran aber wohl über rund die doppelte Menge verfügt. Nun soll versucht werden, den Tauschhandel neu zu formulieren.

Doch als die Abordnungen am Freitag eine Pause bei den Verhandlungen einlegten, zeigte sich, dass die Iraner offenbar doch nicht so kompromissbereit waren. Sie fuhren zum Mittagsgebet in die berühmte Blaue Moschee und ließen durchblicken, dass sie etwa die UN-Forderung nach einem Ende der Urananreicherung weiter ablehnen. So etwas komme nicht in Frage, sagte Abolfasl Sohrewand, Berater des iranischen Chefunterhändlers Said Dschalili, nach dem Gebet. Nach einigen Berichten sollen die Iraner als Voraussetzung für ernsthafte Gespräche von der UNO sogar die Aufhebung der Sanktionen verlangt haben. „Das wäre eine schlechte Nachricht“, sollte das zutreffen, kommentierte ein westlicher Diplomat.

Auf der anderen Seite könnte eine solche Forderung der Iraner als unausgesprochenes Eingeständnis gewertet werden, dass die Sanktionen ihre Wirkung zeigen. Das Thema Sanktionen blieb jedenfalls in Istanbul auf der Tagesordnung. Kurz vor den Gesprächen am Bosporus hatte US-Außenministerin Hillary Clinton die Möglichkeit einer weiteren Sanktionsrunde ins Gespräch gebracht und war deshalb von Russland kritisiert worden. Moskau regte an, in Istanbul stattdessen über die Aufhebung von Sanktionen zu reden.

In westlichen Delegationen in Istanbul wurde energisch dementiert, dass es neue Meinungsverschiedenheiten innerhalb der P5+1 beim Thema Sanktionen gebe. Neue Strafmaßnahmen gegen Teheran würden erst dann am Horizont auftauchen, wenn die Iraner alle Fortschritte blockieren sollte, sagte ein westlicher Vertreter. „Aber das entspricht nicht dem Geist der heutigen Gespräche“, denn bei diesen gehe es um Lösungen. So richtig zuversichtlich war am Bosporus jedoch niemand.

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