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Politik: Mehr als fünf Paar Socken

Die Grünen sparen am Parteiapparat. Daran kann die Wiederwahl von Roth und Kuhn scheitern

Von Matthias Meisner

Was braucht ein Grünen-Vorsitzender, um gut dazustehen? Dietmar Strehl, der Schatzmeister der Partei, versucht es erstmal mit einem Scherz. Rüstzeug für Fritz Kuhn? Nun, „drei Anzüge, fünf Paar Socken, zehn Schlipse…“, sagt er. Dabei ist die Frage nach der Ausstattung in Wirklichkeit sehr ernst. Und Strehl gibt das dann auch zu: „Wenn man sieht, was das für ein kleiner Laden ist, wundert man sich, dass wir überhaupt so gut sind.“

Keine Partei hat für ihr Spitzenpersonal so wenig übrig wie die Grünen, bei keiner anderen wird am Parteiapparat so gespart – deshalb wollen Kuhn und Claudia Roth nur dann wieder für den Parteivorsitz kandidieren, wenn sie ihr Bundestagsmandat behalten dürfen: Sollte der Parteitag am 7. und 8. Dezember die Trennung von Amt und Mandat bis zu einer Urabstimmung aussetzen, wie es inzwischen sechs Landesverbände verlangen, wird an der Kandidatur des erfolgreichen Chef-Duos nicht mehr gezweifelt.

Als Vorsitzende wurden Roth und Kuhn bisher – ebenso wie der Bundesgeschäftsführer, der Schatzmeister und die Beisitzer des Vorstandes – nach der Vergütungsgruppe 1 A des Bundesangestelltentarifs (BAT) bezahlt, sie bekamen im Monat rund 4500 bis 5000 Euro brutto, so viel etwa wie ein Amtsleiter in einer Stadt von der Größe Bonns. Als Bundestagsabgeordnete erhalten die Noch-Chefs der Grünen nun Diäten in Höhe von 6878 Euro, zuzüglich einer steuerfreien Aufwandsentschädigung von 3417 Euro.

Ob sich die beiden Vorsitzenden durch bessere Bezahlung zum Verzicht auf das Parlamentsmandat bewegen lassen, ist indes zweifelhaft. Rufe aus der Partei gibt es: „Wenn es uns gelingt, die Parteispitzenposition so zu gestalten, dass ein kleinerer Bundesvorstand besser bezahlt agieren kann, dann besteht ja vielleicht die Chance, dass Claudia Roth und Fritz Kuhn ihre Entscheidung noch einmal überdenken“, hofft die rheinland-pfälzische Vorstandssprecherin Tabea Rößner. Ähnlich argumentiert NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn und verlangt ebenfalls mehr Lohn für die Spitze.

Doch das knappe Gehalt von Roth und Kuhn war für die beiden im Vorfeld des Bremer Parteitagsbeschlusses nur ein Argument, um gegen das „Uralt-Prinzip“ (Roth) der Trennung von Amt und Mandat zu streiten: Mit Mandat hätten die Parteichefs Rederecht im Parlament, wie es für Gerhard Schröder, Angela Merkel und Guido Westerwelle selbstverständlich ist. Und fast nebenbei schont das Modell der anderen sogar die Parteikasse: Der Job des Parteichefs ist bei SPD, CDU und FDP ein Ehrenamt, das nicht extra vergütet wird – Schröder bekommt sein Geld als Bundeskanzler, Merkel als Fraktionschefin, Westerwelle als einfacher Abgeordneter. Ein Modell auch für die Grünen?

Noch machen sich die mit ihrem knappem Apparat das Vorstandsleben schwer: Ein großer Teil der Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung geht an die Landesverbände. Nur 26 Planstellen leistet sich die Bundespartei für ihren Vorstand, Frauenreferat, Pressestelle, Telefonzentrale und Hausmeister eingerechnet. Für die beiden Vorsitzenden hat die Partei nur je einen Referenten und eine Sekretärin übrig.

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