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Politik: Mehr als hehre Worte - Warum Tierschutz Staatsziel werden sollte (Kommentar)

Eines Tages wird es so weit sein: Der Tierschutz wird im Grundgesetz verankert sein. Gut Ding braucht Weile.

Eines Tages wird es so weit sein: Der Tierschutz wird im Grundgesetz verankert sein. Gut Ding braucht Weile.

Man erinnere sich: Noch bis vor zehn Jahren galten Tiere als Sachen, Tierquälerei wurde als Sachbeschädigung bestraft. Erst seit 1990 wird Tierquälerei als solche bestraft, und das nicht zu knapp. Das Bewusstsein hatte sich gewandelt. Nun ist wieder ein Bewusstseinswandel erkennbar: Seit acht Jahren wird darüber debattiert, den Tierschutz im Grundgesetz zu verankern. Im Laufe der Zeit schlossen sich immer mehr Politiker dem Vorhaben an, selbst ein paar CDU-Abgeordnete. Sie haben ihr Dilemma erkannt: Sie fürchten um Forschungsfreiheit und Wettbewerb; und sie wissen, dass gerade für eine christliche Partei die Achtung der Schöpfung selbstverständlich sein muss.

Auf der anderen Seite: Warum sollte der Tierschutz ins Grundgesetz aufgenommen werden? Der Tierschutz wäre ein Staatsziel. Staatsziele aber sind bloße richtungsweisende Aufträge an den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Gesetzen. Anders als Grundrechte sind Staatsziele, wie ein "Recht auf Arbeit", das "Recht auf Wohnung" nicht einklagbar. Ein Staatsziel Tierschutz begründet keinen individuellen Anspruch. Na dann, wozu das ganze? Dazu

Die Schutzpflicht des Staates gegenüber Tieren hätte mittelbare Folgen. Dies gilt vor allem für die Forschung. Viele Tierversuche sind unnötig und ethisch fragwürdig. Dies zeigt das Beispiel eines Berliner Wissenschaftlers. 1992 hatte er einen Versuch beantragt, bei dem er Affenbabys die Augenlider zunähen und erst ein Jahr später wieder öffen wollte. Er wollte Kupferdrähte in die Augen einsetzen, den Schädel der Tiere öffnen und dort Elektroden anbringen, um die Reaktionen des Gehirns zu erforschen.

Der damalige Berliner Gesundheitssenator verbot den Versuch aus ethischen Gründen. Das Bundesverfassungsgericht hob das Verbot wieder auf, da die grundgesetzlich geschützte Forschungsfreiheit Vorrang hätte vor dem schwächeren Tierschutz. Wäre der Tierschutz Staatssziel, müssten die Richter die ethische Abwägung zwischen Tierschutz und Forschungsfreiheit prüfen und den Tierversuch gegebenenfalls verbieten. Der Tierschutz im Grundgesetz liefe nicht leer, wie manche befürchten, er könnte handfeste Ergebnisse mit sich bringen. Erst dann wären Tiere wirklich keine Sachen mehr.

Beatrice von Weizsäcker

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