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Auf dem Prüfstand. Eine Regierungskommission hat die Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden unter die Lupe genommen. Foto: Boris Roessler/dpa

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Politik: Mehr Befugnisse für Bundesanwälte Justizministerin und Innenminister loben Vorschlag des Expertenberichts zu den Sicherheitsgesetzen

Zu vielen Empfehlungen finden die Liberale und der CSU-Mann aber keine gemeinsame Linie.

Von Hans Monath

Berlin - Erst lächelten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Hans-Peter Friedrich (CSU) gemeinsam freundlich in die Kameras, dann setzten die Justizministerin und der Innenminister wieder unmissverständlich eigene Akzente. Bei der Vorstellung des Berichts der Expertenkommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetze in Deutschland gingen die seit vier Jahren in Dauerfehde verbundenen Kabinettsmitglieder am Mittwoch zwar sehr höflich miteinander um. Zugleich machten beide aber deutlich, dass sie ihre bisherigen Rollen ungeachtet aller Expertenempfehlungen weiter ausfüllen wollen - die Liberale als Hüterin der Bürgerrechte und des Datenschutzes, der CSU-Mann als Anwalt härterer Sicherheitsgesetze wie etwa der Einführung der Vorratsdatenspeicherung.

Der 280-seitige Bericht zieht erstmals Bilanz der nach den Terroranschlägen von 2001 verschärften Anti-Terror-Gesetze in Deutschland. Mit ihren Empfehlungen, die insgesamt auf eine wirksamere Kontrolle der Sicherheitsbehörden und eine rechtliche Präzisierung von deren Befugnissen hinauslaufen, stützen die sechs Experten eher die politische Zielrichtung der Justizministerin. Das gilt auch für einige Minderheitenvoten des Gremiums, in dem unter anderem der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) und Ex-Generalbundesanwältin Monika Harms wirkten.

Kaum hatte Leutheusser-Schnarrenberger die Experten für deren „sehr konkrete“ Vorschläge gelobt, „die sehr schnell in der Politik umgesetzt werden können“, nahm ihr Gegenspieler aus dem Innenministerium die geltende Gesetzeslage gegen allzu große Änderungswünsche pauschal in Schutz. Insgesamt habe sich die Sicherheitsarchitektur in Deutschland seit 2001 „mit großem Augenmaß und Vernunft weiterentwickelt“, erklärte er. Nur in einem Punkt waren sich beide Politiker einig: Der Generalbundesanwalt soll gemäß den Empfehlungen bei der Terrorismus-Bekämpfung eine stärkere Rolle bekommen. Es gehe nicht darum, den Ländern Kompetenzen wegzunehmen, meinte Friedrich. Die Bundesanwaltschaft müsse aber in die Lage versetzt werden, frühzeitig Ermittlungen zusammenzuführen.

Die Hälfte der sechs Kommissionsmitglieder schlägt vor, bestimmte Aspekte der Arbeit des Bundeskriminalamtes (BKA) unter die Aufsicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages zu stellen. „Das BKA sollte hinsichtlich des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus der zusätzlichen Kontrolle des Gremiums unterworfen werden“, lautet ihr Votum. Zudem sollten Mitarbeiter der Geheimdienste das Recht erhalten, das Gremium auch „ohne Einhaltung des Dienstweges“ anzusprechen und damit ihre Vorgesetzten zu umgehen.

Nach den Terroranschlägen vom September 2001 waren in Deutschland mehr als zwei Dutzend Gesetze verschärft worden. Die Befugnisse von BKA und Verfassungsschutz wurden erheblich ausgeweitet. 2004 wurde in Berlin das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) gegründet, dem 40 Behörden angeschlossen sind oder zuarbeiten. Eine Mehrheit der Kommission fordert für das GTAZ nun eine eigene gesetzliche Grundlage. Die Zusammenarbeit der Dienste habe „eine Verfestigung, ein Ausmaß und eine Bedeutung erlangt“, die ein eigenes Gesetz zur Begrenzung der Kooperation notwendig mache. Der Vorschlag sei „ein wichtiger Punkt“, lobte die Justizministerin. Der Innenminister dagegen verteidigte den Status quo. Jede der beteiligten Behörden habe eine „eigene Rechtsgrundlage“ für ihre Handlungen, sagte er.

Zum Vorschlag von vier Kommissionsmitgliedern, unter Umständen auf den Militärischen Abschirmdienst (MAD) zu verzichten, sagte die Justizministerin lediglich, die Notwendigkeit des Dienstes werde „unterschiedlich bewertet“.

Politiker der Koalition und der Opposition kritisierten die Vorlage des Berichts scharf. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), machte deutlich, dass er die Vorschläge für überflüssig hält. Niemand dürfe die Arbeit der Sicherheitsbehörden „unnötig erschweren“, warnte er. Wer angesichts von Terrorgefahr und rechtsextremer Bedrohung den Informationsaustausch der Behörden verhindern wolle, „ignoriert die Realitäten der inneren Sicherheit“. Der SPD-Politiker Thomas Oppermann, der im Steinbrück- Wahlkampfteam für Innenpolitik zuständig ist, sprach von einer „Alibi-Veranstaltung“. Die Bundesregierung wolle mit der späten Vorlage des Berichts sicherstellen, dass sie nicht mehr umsetzen müsse. Den Kern der Empfehlungen begrüßte der Politiker aber: Es sei richtig, die Sicherheitsgesetze rechtsstaatlich besser abzusichern, erklärte er.

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