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Politik: Mehr Drogentote als von der Regierung angegeben

In Berlin starben 28 Menschen, die nicht in der Bilanz auftauchen

Berlin. Die Halbjahresbilanz zu den Drogentoten, die die Bundesdrogenbeauftragte Marion Caspers-Merk vor wenigen Tagen veröffentlicht hat, ist unvollständig. Die Zahl der bundesweit bis zum 30. Juni 2002 an illegalen Drogen verstorbenen Personen liegt nicht bei 568, sondern bei mindestens 598.

Dem Bericht zufolge starben bis zum 30. Juni 2002 in Deutschland 568 Personen, 30 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2001. Doch die Zahl für Berlin – laut Bundesbericht 53 – stimmt nicht mit den Daten der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit überein. Die bezifferte am vergangenen Montag die Zahl der Drogentoten auf 81. Auch die Daten für Hamburg differieren. Im Bundesbericht taucht die Hansestadt mit 14 Toten auf, doch die Hamburger Drogenbeauftragte Christina Baumeister nennt 16 – und selbst die nur als vorläufige Zahl. Im Hamburger Landeskriminalamt (LKA) rechnet man mit einer noch höheren Zahl, weil es immer noch Nachmeldungen für die ersten sechs Monate gebe.

Das Problem liegt in der Meldepraxis. Die Drogenbeauftragte erfasst die Drogentoten nicht selbst, sondern ist auf die Zuarbeit des Bundeskriminalamtes (BKA) angewiesen. Das BKA wiederum speist seine Statistik aus den Daten der Landeskriminalämter. Doch offenbar greifen die BKA-Beamten für den Halbjahresbericht zu früh in die Daten. Die Berliner Zahl von 52 sei eigentlich der Stand von April, heißt es aus der zuständigen Senatsverwaltung.

Es dauert oft Wochen, bis die Gerichtsmediziner die genaue Todesursache benennen können. „Die Analytik ist sehr aufwändig, denn einem Toten ist nicht auf Anhieb anzusehen, ob er an illegalen Drogen gestorben ist“, sagt Fritz Pragst, Toxikologe am Gerichtsmedizinischen Institut der Charité. „Dazu müssen wir Urin-, Blutproben, Mageninhalt und Organteile analysieren.“ In der Regel lege man nach zwei bis drei Wochen das Ergebnis vor. In Einzelfällen könne es auch fünf Wochen dauern. Da die Meldung an das LKA nur einmal zum Monatsanfang erfolgt, liegen im ungünstigsten Fall zwischen dem Drogentod einer Person und seinem Auftauchen in der Statistik mehr als zwei Monate.

Das BKA räumt ein, dass man im Halbjahresbericht die Nachmeldungen nicht berücksichtige. „Wir erfassen alle Daten zum Stichtag 30. Juni“ sagt ein Sprecher. Da man jährlich die Daten zum gleichen Zeitpunkt entnehme, sei der prozentuale Vergleich zum Vorjahr aber völlig korrekt. Ingo Bach

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