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Politik: Mehr Farbe

Noch nie gab es eine schwarz-grüne Koalition in einem Land – in Städten aber schon häufig

Von Hans Monath

Berlin - Als Bürgermeister Ole von Beust (CDU) im Februar kurz vor der Wahl zur Bürgerschaft in Hamburg laut über mögliche Regierungskoalitionen nachdachte, schloss er ein Bündnis mit den Grünen gezielt nicht aus. „Die Feindbilder sind weg. Bei mir jedenfalls“, versicherte Beust. Auch in weniger großstädtisch geprägten Regionen pflegen CDU-Politiker längst einen entspannten Umgang mit der Öko- Partei. Sogar CSU-Chef Edmund Stoiber sagte Anfang des Jahres, die Grünen seien nicht mehr per se Schmuddelkinder. Die Thüringer Landtagswahl ist nicht die erste, vor der ein mögliches schwarz-grünes Bündnis debattiert wurde.

Anfang der 90er Jahre wäre es in Baden-Württemberg fast zum ersten schwarz-grünen Bündnis in einem Land gekommen. Der spätere Grünen-Parteichef und damalige Landes-Chef Fritz Kuhn verhandelte ernsthaft mit der CDU, die sich dann doch für eine große Koalition mit der SPD entschieden.

Als gegenwärtig spannendes Land für Schwarz-Grün gilt auch Nordrhein-Westfalen, wo im kommenden Frühjahr gewählt wird. Schon als Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) im vergangenen Jahr mit den Grünen über gemeinsame Ziele stritt und die rot-grüne Koalition in Frage stellte, flirtete Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) auffällig mit CDU- Fraktionschef Jürgen Rüttgers. Gerade eine gegenüber der Union skeptische Grünen-Basis traut einer ausgewiesen linken Spitzenpolitikerin zu, den neuen Partner in die Schranken zu weisen.

Es gibt aber auch die Erfahrung, dass schwarz-grüne Gedankenspiele zur Unzeit dem kleineren Partner schaden können. So warnt der früher für Sachsen kandidierende Bundestagsabgeordnete Werner Schulz aus eigener Erfahrung davor, das Fell ungelegter Bären zu verteilen: Nachdem die sächsischen Grünen vor der Landtagswahl 1994 ausgiebig über einen Pakt mit der CDU geredet hatten, verfehlten sie die Fünf-Prozent-Marke und zogen nicht einmal in das Landesparlament ein.

Auf kommunaler Ebene sind schwarz- grüne Bündnisse schon länger politischer Alltag. Die erste Großstadt, die von CDU und Grünen gemeinsam regiert wurde, war 1994 Mülheim an der Ruhr. Das Bündnis hielt bis 1999. Heute gibt es in Nordrhein-Westfalen mehr schwarz-grüne als rot-grüne Bündnisse – in mehr als einem Dutzend Städten und Kommunen.

Politische Strategen der Bundespartei dürften solche Erfahrungen genau studieren. Während Bundestagsfraktions-Chefin Krista Sager kürzlich im Tagesspiegel versicherte, schwarz-grüne Koalitionen auf kommunaler oder Landes-Ebene hätten keinen Signalcharakter, sehen ihre Kollegen im Kölner Stadtrat das völlig anders. Fraktionschefin Barbara Moritz sagt: „Rot-Grün ist ja auch erst auf kommunaler Ebene ausprobiert worden, dann auf Landes- und Bundesebene.“

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