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Politik: Mehr lassen als tun

Die Nato-Außenminister diskutieren über die Grenzen des Militärbündnisses – die Allianz soll nicht zur Hilfstruppe der USA werden

Beim Treffen der Nato-Außenminister in Madrid an diesem Dienstag wird wohl mehr darüber diskutiert, was das atlantische Bündnis nicht tun soll, als wo es in der gegenwärtigen Situation eingreifen kann.

Ein Beispiel: Der Irak. Vor allem Frankreich wehrt sich dagegen, dass die Nato zur Hilfstruppe der Amerikaner wird. Es wird also keine Nato-Stäbe und keine militärische Absicherung der Aufbauarbeiten in dem noch für einige Zeit von amerikanischen und britischen Truppen besetzten Land geben, versichert man im Brüsseler Nato-Hauptquartier. Das heißt allerdings nicht, dass sich das Bündnis verweigert, wenn zum Beispiel das neue Nato-Mitgliedsland Polen bei seinen militärischen Aufgaben im Irak um technische Hilfe bittet. Man werde, kündigen Nato-Diplomaten an, in Madrid sehr wohl darüber nachdenken, wie man Polen unterstützen kann – die Widerspruchsfrist gegen einen entsprechenden Beschluss lief am Montag bereits ab.

Inzwischen ist nicht mehr die Rede davon, dass die Polen, wie von den USA zunächst vorgesehen, die Führung im Nordirak übernehmen. Offenbar wird ihnen nun zwischen den Briten und der US-Armee eine bescheidenere Rolle zugedacht. Das militärische Hauptquartier der Nato im belgischen Mons schmiedet seit Wochen Pläne, wie das Bündnis den Polen unter die Arme greifen kann.

Dagegen wird die Allianz von August an in Kabul die Deutschen und Niederländer ablösen, die derzeit noch die Führung der Friedenstruppen in Afghanistan innehaben. Schon jetzt sorgen rund 6000 Soldaten aus den Nato-Mitgliedsländern für Sicherheit und Ordnung in Kabul und Umgebung. Von August an wird in der afghanischen Hauptstadt ein gemeinsames Nato-Hauptquartier eingerichtet, das vermutlich unter dem Oberbefehl eines deutschen Generals stehen wird. Die Bundeswehr wird zwar weiter im Land bleiben, aber ihre Truppenpräsenz deutlich verringern können. Von den 19 Außenministern wird nun in Madrid erwartet, dass sie das Verhältnis der Nato-Ordnungstruppe zu den Kampftruppen der USA und Großbritanniens klären.

Die Außenminister wollen auch bilanzieren, wie weit die Nato mit ihren militärischen Fähigkeiten gekommen ist. Um die seit langem bemängelte Lücke bei der Lufttransportkapazität möglichst schnell zu überbrücken, haben elf Nato-Staaten beschlossen, gemeinsam fünf oder sechs der großen Antonow-Transportmaschinen in der Ukraine zu chartern. Sie sollen dann wie in einem Taxi-Betrieb von jeweils denjenigen Staaten angefordert werden, die sie gerade benötigen. Die Transporter russischer Bauart werden von ukrainischen Piloten geflogen und auch von der Ukraine gewartet.

Allerdings: Der Absturz einer von der Nato gecharterten ukrainischen Iljuschin in der Türkei vor wenigen Tagen, bei dem über 60 spanische Soldaten umkamen, blieb nicht ohne Folgen. Spanien hat das Charter-Geschäft zunächst suspendiert und erwägt nach Angaben der Zeitung „El Mundo“ sogar, Schadenersatz zu verlangen, sollte der Absturz auf den von vielen Soldaten beklagten schlechten technischen Zustand der Maschine zurückzuführen sein.

Was soll aus der Nato werden? Welche Rolle spielt sie neben der Übermacht USA? Auch diese Fragen stehen in Madrid im Raum. Fest steht: Einfacher wird es nicht.

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