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Nach Aktenlage. Bislang tat sich die Bundesregierung schwer damit, einen eigenen NPD-Verbotsantrag auf den Weg zu bringen. Doch nun scheint es zumindest bei Kanzlerin Angela Merkel ein Umdenken zu geben: Sie will sich offenbar dem Vorgehen des Bundesrats anschließen. Foto: Uli Deck/dpa

© dpa

Politik: „Meisterin des Pragmatismus“

Angela Merkel befürwortet nun doch einen Verbotsantrag gegen die NPD – aus Sorge um den Wahlkampf.

Von Frank Jansen

Berlin - Lange hat sie betont, sie habe Zweifel. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat intern mehrmals gewarnt, ein Verbotsverfahren gegen die NPD könnte am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte scheitern. Die Zweifel sind vermutlich auch nicht verschwunden. Dennoch hat sich Merkel, CDU-intern „die Meisterin des Pragmatismus“ genannt, nun auch beim Thema NPD-Verbot zu einer Strategie des Mitmachens durchgerungen. Die meisten unionsgeführten Länder sind für ein Verfahren, der Bundesrat beschloss im Dezember einen Verbotsantrag, und in der Bevölkerung ist laut Umfragen die Meinung weitverbreitet, die braune Minipartei müsse weg. Dem Trend will sich die Kanzlerin nicht entgegenstellen, alles andere wäre im Wahljahr riskant.

„Ein schweres rechtsextremes Verbrechen oder eine brachiale Provokation der NPD, und die gesamte Opposition wirft uns vor, wir würden eine Nazipartei schützen“, heißt es in der Unionsfraktion. Also hat Merkel sich dafür entschieden, die Bundesregierung solle einen eigenen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen. Damit stünde der Bundesrat nicht mehr alleine. Nach dessen Entscheidung im Dezember hatte Merkel ein Quartal Bedenkzeit angekündigt. Die ist nun etwas früher herum.

Merkel verweise darauf, sagen Mitglieder Unionsfraktion, die ungenannt bleiben wollen, die Länderkammer werde belastendes Material gegen die NPD nutzen, das auch eine Bundesbehörde, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), im vergangenen Jahr erstellt hat. Fragen des Bundesverfassungsgerichts zu Details, die das BfV bereitgestellt hat, könnten die Länder nicht beantworten.

Als weiteren Grund verweise Merkel auf juristische Probleme. Die Regierung wäre in einer schwachen Position, würde sie auf einen Antrag verzichten und sich nur mit einem „Streitbeitritt“ dem Antrag des Bundesrates anschließen. Auch deshalb solle ein eigener Antrag gestellt und vermutlich von eigenen Prozessbevollmächtigten vertreten werden.

Die Kanzlerin wolle nun versuchen, Skeptiker unter den Ministern der Union sowie den Koalitionspartner FDP davon zu überzeugen, dass die Regierung einen Verbotsantrag stelle, hieß es in der Unionsfraktion. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat öfter Skepsis geäußert. In der FDP-Fraktion, die mehrheitlich ein Verbotsverfahren ablehnt, war die Sorge zu hören, „bei der Regierung komme „was ins Rutschen“.

Der Bundesrat hat unterdessen auch bei den Prozessbevollmächtigten vorgelegt. Die Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Möllers und Christian Waldhoff würden in Karlsruhe den Verbotsantrag begründen, teilte die Länderkammer am Montag mit. Möllers hatte schon für die Regierung beim Bundesverfassungsgericht im Verfahren um die Vorratsdatenspeicherung gestritten. Beide Professoren lehren an der Humboldt-Universität in Berlin. Möllers und Waldhoff waren seit dem Jahreswechsel die aussichtsreichsten Kandidaten für das Mandat eines Prozessbevollmächtigten. In der NPD hieß es, für sie werde wahrscheinlich der Saarländer Rechtsanwalt Peter Richter beim Bundesverfassungsgericht auftreten. Richter ist NPD-Mitglied.

Offen bleibt, was der Bundestag macht. Vorbehalte gegen ein Verfahren haben auch Abgeordnete von CDU, CSU, Grünen und Linkspartei. Die SPD tritt nach außen geschlossen für ein Verbot ein, Kritiker äußern sich nur halblaut.

Die NPD selbst schwächelt. Der Bundestag hat jetzt Zahlungen an die Partei eingestellt, weil sie die vom Bundesverwaltungsgericht festgesetzte Strafe von 1,27 Millionen Euro für einen falschen Rechenschaftsbericht nicht begleicht.

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