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Politik: Menschenrechte — eine ständige Verpflichtung

Warum der geplante UN-Menschenrechtsrat Wirklichkeit werden muss Von Louise Arbour und Micheline Calmy-Rey

In den kommenden Tagen wird die internationale Gemeinschaft die Chance haben, ein gestärktes System für den weltweiten Schutz der Menschenrechte einzuführen. Diese einzigartige Möglichkeit bietet der Entwurf für eine neue globale Institution, dem nun die UN-Generalversammlung zustimmen muss. Diese Initiative verdient unsere Unterstützung.

Die Weltgemeinschaft wird aufgefordert, einen Menschenrechtsrat zu gründen, der die umstrittene UN-Menschenrechtskommission ablösen soll. Über den Menschenrechtsrat ist in den vergangenen Monaten oft hitzig verhandelt worden, vor allem während des Weltgipfels in New York im vergangenen September. Alle dort versammelten Staats- und Regierungschefs bekräftigten, dass der Menschenrechtsschutz ein zentraler Pfeiler der Arbeit der UN ist, und beschlossen, dass die Kommission durch eine stärkere Institution ersetzt werden soll.

Der Vorschlag, der der UN-Generalversammlung nun vorliegt, besitzt alle Elemente, um solch eine stärkere Institution aufzubauen. Der Entwurf sieht vor, dass der künftige Rat objektiver und glaubwürdiger Menschenrechtsverletzungen behandeln kann. Vorgesehen ist auch, dass Mitgliedsstaaten vorübergehend ihren Sitz bei schweren oder systematischen Menschenrechtsverletzungen verlieren können. Im Gegensatz zur Menschenrechtskommission soll der Rat regelmäßig die Menschenrechtssituation in allen Staaten überprüfen. Dabei soll mit den Mitgliedsstaaten des Rats begonnen werden. Kein Staat soll dabei unberücksichtigt bleiben. Die Staaten sollen keine Möglichkeit mehr besitzen, durch ihre Mitgliedschaft im obersten Menschenrechtsorgan der UN sich selbst oder Verbündete vor Rechtsbrüchen zu schützen.

Der Rat soll auch längere Sitzungsperioden während eines Jahres haben und schnell auf sich abzeichnende Krisen im Bereich der Menschenrechte reagieren können. Mögliche Täter sollen wissen, dass sie von der Weltgemeinschaft ständig beobachtet werden – und nicht nur während sechs Wochen im Frühjahr, wenn die Menschenrechtskommission bisher zusammentraf.

Die Kommission hat der internationalen Gemeinschaft die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und eine Reihe wichtiger Verträge zum Schutz fundamentaler Freiheiten gebracht. Die Menschenrechtskommission führte auch ein einzigartiges System unabhängiger Menschenrechtsbeobachter ein. Einer dieser Beobachter war unter den ersten, die vor dem Völkermord in Ruanda warnten.

Es gibt keine Ausflüchte dafür, dass die Menschenrechtskommission viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren hat. Einige Staaten wollen Mitglieder werden, nicht um die Menschenrechte zu stärken, sondern um sich selbst gegen Kritik zu schützen oder andere zu kritisieren. Die Kommission war auch schwerfällig bei der Eindämmung schwerer Menschenrechtsverletzungen in einer ganzen Reihe von Fällen. Dieses Defizit an Glaubwürdigkeit unterhöhlt das Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen insgesamt. Der Menschenrechtsrat trägt viel dazu bei, die Gründe für dieses Defizit anzugehen.

Lassen Sie uns über eines im Klaren sein: Der Vorschlag, der der UN-Generalversammlung vorliegt, ist das Ergebnis eines Kompromisses. Er kann nicht ein ideales Modell sein. Es gibt auch keinen Grund zu glauben, dass weitere Verhandlungen ein besseres Ergebnis erzielen würden.

Aber selbst eine Institution, die auf dem Papier vollkommen ist, kann nicht erfolgreich sein, wenn die internationale Gemeinschaft nicht den notwendigen Wandel hin zu einer Kultur der Verteidigung der Menschenrechte vollzieht. Es war in großen Teilen das Scheitern der Menschenrechtskommission, diesen Wandel durchzuführen, und die Unfähigkeit, sich selbst nach der Rahmensetzung des internationalen Menschenrechtssystem neu zu erfinden, die sie behinderte. Der Völkermord in Ruanda ist auf bittere Weise lehrreich. In diesem Fall funktionierte die Arbeitsweise der Kommission, aber die Warnungen der Beobachter blieben ungehört. Der politische Wille und das Engagement der internationalen Gemeinschaft werden ebenso wichtig für das Funktionieren des neuen Rates sein wie jede Änderung seiner Struktur oder seiner Arbeitsmethoden.

Louise Arbour (rechts) ist Hohe Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen. Micheline Calmy-Rey ist Außenministerin der Schweiz.

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