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Menschenrechte: Guantanamo-Rückkehrer löst Streit aus

Menschenrechtler behaupten, der britische Geheimdienst folterte im Fall Binyam Mohamed mit. London weist den Vorwurf zurück.

Ein britischer Polizist schnitt die Plastikfesseln durch, dann wurde Binyam Mohamed, ein 30-jähriger Äthiopier mit Asylrecht in Großbritannien, am Montag vom amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo Bay zum Stützpunkt Northolt der Royal Air Force nach Großbritannien zurückgeflogen.

Die Menschenrechtsorganisation „Reprieve“ und Mohameds Rechtsanwälte dankten auf einer Pressekonferenz der britischen Regierung für ihren Einsatz für Mohameds Rückkehr – und wiederholten gleichzeitig die Vorwürfe, der britische Geheimdienst habe bei der Folterung Mohameds Beihilfe geleistet. Sie forderten eine umfassende Untersuchung.

Rechtsanwalt Clive Stafford Smith, gleichzeitig Direktor von „Reprieve“, hatte Angehörige gewarnt, sie würden Mohamed nicht wiedererkennen. Durch einen Hungerstreik verlor er ein Viertel seines Körpergewichts. In einem medizinischen Bericht ist von Magenbeschwerden, Organschäden und „tiefgehenden emotionalen und psychologischen Problemen“ die Rede. Mohamed wurde 2001 in Pakistan festgenommen und dann für 18 Monate in ein marokkanisches Gefängnis überstellt, wo er gefoltert worden sein soll.

Und Mohamed ist womöglich kein Einzelfall. Am Wochenende beschuldigte die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ britische Geheimdienste, „systematisch“ an Folterungen in viel größerem Umfang teilgenommen zu haben. „Wir wissen von mindestens zehn Fällen, bei denen Briten gefoltert wurden, aber das Problem geht tiefer, denn es sind auch Terrorismusverdächtige mit pakistanischer Staatsangehörigkeit betroffen“, so der Verfasser eines Berichts, Ali Dayan Hasan.

Im britischen Außenministerium heißt es, eine Untersuchung habe keine Hinweise auf Folterungen durch britische Agenten ergeben. Großbritannien billige Folter nicht und nehme weder direkt noch indirekt daran teil.

Binyam Mohamed wird in Großbritannien nicht angeklagt, vermutlich auch nicht abgeschoben, schon weil Beweise für rechtswidrige Aktivitäten seinerseits wegen der Foltervorwürfe unzulässig wären. „Man sollte ihm nun jede Chance geben, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren“, sagte Lord Carlile, unabhängiger „Wachhund“ für die britischen Terrorgesetze.

Carlile forderte gleichzeitig die Veröffentlichungen aller Dokumente über Binyam Mohameds Behandlung. Anfang Februar hatte Außenminister David Miliband diese Veröffentlichung mit der Begründung unterbunden, ohne Erlaubnis der Amerikaner würde dies die Zusammenarbeit der Geheimdienste gefährden.

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