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Menschenrechte: UN-Vorwürfe wegen Folter auf Guantanamo

Eine Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen wirft den USA vor, Gefangene auf dem kubanischen Stützpunkt Guantanamo zu foltern und damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen.

New York - Die schweren Anschuldigungen sind in der vorläufigen Fassung eines offiziellen UN-Berichts aufgeführt, in die die «Los Angeles Times» am Montagabend Einblick gewonnen hatte.

Die Experten, unter ihnen auch der österreichische Folterexperte Manfred Nowak, empfehlen in ihrem Berichtsentwurf die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo und das Verbot aller von der US-Regierung genehmigten Verhörmethoden.

Washington wies die Vorwürfe in einer ersten Reaktion als unberechtigt zurück. Die Experten hätten in Bezug auf Guantanamo die rechtsstaatlichen Regeln für Menschenrechte in Friedenszeiten zu Grunde gelegt. Die USA befänden sich aber in einem Konflikt und müssten nach dem Kriegsrecht beurteilt werden, hieß es am späten Montagabend aus dem US-Außenministerium.

Die fünf Experten waren von der UN-Menschenrechtskommission in Genf beauftragt worden, Foltervorwürfe, Religionsfreiheit, die Gesundheit der Häftlinge und ihre dauerhafte Inhaftierung ohne Prozess zu untersuchen. Ihr Bericht sei noch nicht autorisiert worden und könne noch verändert werden, sagte Nowak der «Los Angeles Times».

«Was wir bislang gesehen haben, sind Behauptungen ohne Grundlage», sagte der Sprecher des Außenministeriums, Sean McCormack. Die UN- Berichterstatter seien selbst nicht in Guantánamo gewesen und hätten Aussagen von entlassenen Häftlingen und deren Anwälten für bare Münze genommen.

Zwangsernährung keine Folter

«Wir haben alle Argumente der US-Regierung sorgfältig geprüft», zitierte die Zeitung Nowak. «Aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Situation in mehreren Bereichen das Völkerrecht und die Menschenrechts- und Folter-Konvention verletzt.» Die Zwangsernährung von Gefangenen im Hungerstreik käme Folter gleich, zitierte die «Washington Post» am Dienstag aus dem Bericht. Das wies McCormack zurück. Die Zwangsernährung werde von Ärzten auf humane Weise nach international akzeptierten Standards durchgeführt.

Die Berichterstatter fordern in dem Entwurf, den Gefangenen den Prozess zu machen oder sie zu entlassen, und das Verbot aller von der US-Regierung genehmigten Verhörmethoden. Schlafentzug und lange Einzelhaft verstoße gegen das Folterverbot.

Die USA haben seit Anfang 2002 mehr als 750 Männer nach Guantánamo gebracht, die sie in Afghanistan und Pakistan aufgegriffen und als feindliche Kämpfer eingestuft hatten. Etwa 250 wurden inzwischen entlassen. Das Militär will die meisten ohne Prozess festhalten, bis der Anti-Terrorkampf zu Ende ist.

Nowak und sein Team hatten einen Besuch auf Guantánamo abgelehnt, nachdem die US-Regierung klar machte, dass sie dort nicht mit Gefangenen sprechen könnten. Der Guantánamo-Bericht sei die erste Phase einer umfangreichen Untersuchung über den US-Umgang mit Gefangenen, sagte Nowak der «Washington Post». Auch andere Orte in Afghanistan, im Irak und anderswo, an denen Terrorverdächtige festgehalten werden, sollten unter die Lupe genommen werden. (tso/dpa)

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