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Politik: Menschenrechtskonvention: 800 Millionen Europäer können Grundrechte individuell einklagen

Zwei Mütter aus Schottland klagten 1982 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Großbritannien. In der Prügelstrafe an britischen Schulen sahen die Klägerinnen eine Verletzung der Grundrechte.

Zwei Mütter aus Schottland klagten 1982 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Großbritannien. In der Prügelstrafe an britischen Schulen sahen die Klägerinnen eine Verletzung der Grundrechte. Der Gerichtshof entschied, dass ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vorlag. Vier Jahre später schaffte Großbritannien die Prügelstrafe in Schulen per Gesetz ab. Am heutigen Samstag feiern die Mitgliedstaaten des Europarates in Rom das 50-jährige Bestehen der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Mit der "Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten", die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet wurde und drei Jahre später in Kraft trat, hatte der Europarat das erste rechtlich verbindliche Menschenrechtsabkommen geschaffen. Alle Länder, die dem Europarat beitreten wollen, müssen das Vertragswerk ratifizieren. Heute stehen mehr als 800 Millionen Menschen in 41 Ländern unter dem Schutz der Konvention. Jeder Einzelne kann eine Verletzung seiner Grundrechte vor dem Gerichtshof in Straßburg einklagen, wenn in seinem Heimatland alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind.

Die Konvention garantiert bürgerliche und politische Rechte wie das Recht auf Leben, auf Meinungs- und Religionsfreiheit, die Achtung der Privatsphäre und den Schutz vor Folter. Ein 1983 unterzeichnetes Zusatzprotokoll schreibt die Abschaffung der Todesstrafe fest. Jetzt soll in Rom zudem ein Protokoll über das Verbot von Diskriminierungen unterzeichnet werden. Soziale und kulturelle Rechte sind hingegen in der Konvention nicht enthalten.

Die Einhaltung der Konvention überwachte zunächst die Europäische Menschenrechtskommission, die Beschwerden von Einzelpersonen und Staaten prüfte und gegebenenfalls an den Gerichtshof weiterleitete. Seit den 80er Jahren ist die Zahl der Klagen sprunghaft gestiegen - auch wegen der zahlreichen Neumitglieder im Europarat. Daher wurde das System vor zwei Jahren grundlegend reformiert: Der Menschenrechts-Gerichtshof erhielt mehr Kompetenzen. Die Menschenrechtskommission stellte indes ihre Arbeit ein. Doch auch der neue Gerichtshof kann die vielen Beschwerden kaum noch bewältigen: Derzeit sind mehr als 15 000 Verfahren in Straßburg anhängig.

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