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Politik: Merkel: Arbeit für alle – aber billiger

CDU-Chefin will Möglichkeiten für niedrige Löhne erweitern und erwartet Einigkeit der Union in der Steuerfrage

Berlin (Tsp). Die CDUVorsitzende Angela Merkel erwartet, dass in Deutschland alle wieder Arbeit haben werden – wenn auch bei geringerer Entlohnung: „Wir müssen jedem Menschen einen Arbeitsplatz anbieten können, der aber nicht immer einer im Hochlohnbereich sein kann“, sagte Merkel dem Tagesspiegel am Sonntag. Zugleich müssten alle die, die sich dem System entziehen wollten und es ausnutzten, damit rechnen, dass sie „schlechter gestellt werden als heute“. In der Frage der vorgezogenen Steuerreform bekräftigte Merkel, dass die Bundesregierung sagen müsse, wie sie diese finanzieren wolle.

Zur Meinungsbildung in der Union über die vorgezogene Reformstufe zeigte sich Merkel zuversichtlich. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Nebenbemerkungen weiter sinkt.“ In dieser Woche hatte sich die Union darauf geeinigt, dem Vorziehen der Steuerreform zuzustimmen. Kurz danach hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wiederholt, erst müsse die Gegenfinanzierung dafür geklärt sein.

Merkel übte im Gespräch mit dem Tagesspiegel indirekt Kritik an Koch: „In einer großen Volkspartei wird es immer wieder vorkommen, dass der eine oder andere der Versuchung nachgibt, dem Kanzler mit Finanzierungsvorschlägen die Arbeit abzunehmen. Aber bei den führenden Kräften habe ich den klaren Eindruck, das wir auf einem sehr guten Weg sind.“ Die CDU-Vorsitzende sagte aber auch, man müsse im Hinterkopf behalten, dass der Bundesrat kein parteipolitisches Gremium sei, „sondern dort Länderchefs sitzen, die ihrem Land verpflichtet sind“. Festlegungen sollten erst getroffen wenn, wenn die Zeit dafür reif sei. Zunächst wolle die Union die Vorschläge abwarten, die Finanzminister Hans Eichel der kommende Woche vorlegen will.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und Koch erklärten, über den Abbau von Subventionen allein sei die vorgezogene Reform nicht zu finanzieren. Steinbrück sagte im „Spiegel“, dies sei auch ökonomisch falsch. Das Projekt könne zu einem „nennenswerten Teil“ kreditfinanziert werden. Koch dagegen lehnt eine höhere Neuverschuldung ab.

Die Frage der Macht in der CDU beantwortete Merkel mit einem Hinweis auf ihre Doppelrolle als Fraktions- und Parteivorsitzende. Die Bundestagsfraktion sei „ein wichtiges Machtzentrum“. Die Ministerpräsidenten hätten ihrerseits Macht, aber „nicht immer nur gleichgerichtete Interessen. Das muss dann durch die Parteivorsitzende zusammengeführt werden“, sagte Merkel. Zu möglichem Widerstand in der Union gegen die Kanzlerkandidatur einer Frau sagte Merkel: „Die Union hat das Grundgesetz wesentlich mit formuliert. Und in diesem Grundgesetz ist die Gleichheit von Mann und Frau im Artikel 3 festgeschrieben. Ausnahmen davon sind mir nicht bekannt. Und die CDU ist eine verfassungstreue Partei.“

Die Steuer- und Abgabenlast ist nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler dieses Jahr gestiegen. „Arbeitnehmer zahlen 2003 durchschnittlich 52,4 Prozent ihrer Bruttoverdienste für Steuern und Abgaben“, zitierte der „Spiegel“ aus der jüngsten Analyse der Organisation. 2002 habe die Quote bei 51,9 Prozent gelegen.

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