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Politik: Merkel bleibt bei vielen kleinen Schritten

Kanzlerin kündigt „zweite Etappe“ an SPD: Gesundheitsreform nur ohne Kopfpauschale

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin - Nach der selbst verordneten Politikpause vor den Landtagswahlen will die große Koalition jetzt möglichst bis zur Sommerpause zentrale Reformen in die Wege leiten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach am Montag von einer „zweiten Etappe“ der Regierungspolitik. Sie dämpfte allerdings Erwartungen auch in der eigenen Partei auf einen verschärften Reformkurs. Die Koalition stehe vor harten Arbeitswochen, werde aber ihren Stil und die Methode der „vielen kleinen Schritte in die richtige Richtung“ beibehalten. Vor den ersten Spitzengesprächen über eine Gesundheitsreform legte sich die SPD auf drei Bedingungen fest, darunter ein Nein zu einer Kopfpauschale. In Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt fielen Vorentscheidungen zur Regierungsbildung.

CDU wie SPD werteten den Ausgang der Wahlen als Ermutigung für die große Koalition. Merkel verwies darauf, dass anders als häufig vorausgesagt die politischen Ränder nicht gestärkt worden seien. Das Wahlergebnis sei eine Bestätigung für die große Koalition. SPD-Chef Matthias Platzeck sagte, die Bundesregierung sei jetzt gefordert, die anstehenden Aufgaben anzupacken. Am Montagabend begann mit einem Treffen Merkels mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eine Serie von Spitzenrunden zur Gesundheitsreform. Die SPD-Spitze stellt laut Platzeck drei Bedingungen für einen Kompromiss. Es bleibe beim Nein zu einer Kopfpauschale, ausgeschlossen seien „massive Leistungskürzungen“, und auch ein Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge halte er „für keinen sinnvollen Schritt“. Merkel erinnerte an das Ziel, die Lohnnebenkosten zu stabilisieren. Auch sollte das Gesundheitssystem finanziell „eher auf eine breite als auf eine geringere Basis“ gestellt werden. Angebliche Überlegungen in der Union, einen „Gesundheitssoli“ von ein bis zwei Prozent auf die Einkommensteuer einzuführen, wurden als „Spekulation“ bezeichnet.

In den Ländern zeichnete sich ab, dass die FDP an zwei Regierungen nicht mehr beteiligt sein wird. In Sachsen-Anhalt kündigte Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) für den heutigen Dienstag Koalitionsgespräche mit der SPD an. Einem Gesprächsangebot der Linkspartei erteilte die SPD eine Absage. In Rheinland-Pfalz lehnte die FDP angesichts der absoluten SPD-Mehrheit das Angebot von Regierungschef Kurt Beck ab, die Koalition fortzusetzen. Der geschlagene CDU-Kandidat Christoph Böhr deutete den Verzicht auch auf den Posten des CDU-Bundesvizes an. SPD-Chef Platzeck ermunterte die unterlegene SPD-Kandidatin in Baden- Württemberg, Ute Vogt, als Oppositionschefin in Stuttgart anzutreten. Vogt sagte am Abend ihre Kandidatur zu, Fraktionschef Wolfgang Drexler kündigte an, sie am Mittwoch für das Amt vorzuschlagen.

In der FDP will der Landesverband Berlin mit dem Ausstieg aus der Mehrwertsteuerkampagne von FDP-Chef Guido Westerwelle reagieren. Der Spitzenkandidat für Berlin, Martin Lindner, sagte dem Tagesspiegel: „Die Mehrwertsteuer wird nicht zum zentralen Wahlkampfthema in Berlin.“ Die Wahlkämpfe hätten gezeigt, dass „die Kampagne ins Leere gelaufen ist“. Die Menschen trauten der FDP nicht zu, die Anhebung der Umsatzsteuer stoppen zu können. „Die Drohkulisse der FDP war schon immer schwach, jetzt ist sie weg“, sagte Lindner. Westerwelle gab zu, dass die „demokratische Kontrolle“ der großen Koalition über den Bundesrat für die FDP schwieriger geworden sei.

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