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Merkel in Spanien: Ein Lächeln für "amiga Angela"

Am gleichen Tag, als die EZB über ihr künftiges Agieren in der Eurokrise beriet, besuchte die Bundeskanzlerin das Krisenland Spanien. Wie war die Atmosphäre in Madrid?

Ein strahlend blauer Sommerhimmel empfing die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der spanischen Hauptstadt Madrid. Auch Spaniens sonst so trüb ausschauender Regierungschef, der konservative Mariano Rajoy, rang sich ein Lächeln ab, als seine deutsche „amiga Angela“ zum bilateralen Krisengipfel eintraf. Obwohl Streit in der Euro-Krise die Harmonie zwischen den beiden stört, bemühten sich die beiden Konservativen, den deutsch-spanischen Schulterschluss zu inszenieren. Rajoy lobte „Alemania“ kurz vor Merkels Landung als Vorbild: Es habe „vieles sehr gut gemacht“.

Merkel bedankte sich artig: Das Krisenland Spanien, beliebtestes Auslandsreiseziel der Germanen, sei mit seinen Reformen auf dem „richtigen Weg“. Sie habe „volles Vertrauen“ zur Regierung Rajoy. Merkel äußerte aber zugleich Skepsis zum jüngsten Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), die den Weg für den Ankauf spanischer Staatsanleihen freimachte. Schritte der Geldwertstabilität könnten „politische Aktionen nicht ersetzen“, alle Länder müssten ihre „Hausaufgaben machen“. Berlin hatte sich stets gegen den EZB-Ankaufsplan ausgesprochen. Madrid sieht darin hingegen eine Chance, die Finanzmärkte zu beruhigen und wieder für akzeptable Zinsen Geld leihen zu können.

Ob diese Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Rajoy sagte, er wisse noch nicht, ob sein Land einen Hilfsantrag an den Euro-Rettungsfonds stellen werde. Man müsse die Beschlüsse der EZB erst genau prüfen. Unabhängige Analysten gehen davon aus, dass Spanien angesichts seiner großen Finanzierungsprobleme ohne europäische Rettungsoperation bald zahlungsunfähig sein wird.

Seit dem Zusammenbruch der Immobilienbranche im Jahr 2007 befindet sich Spanien auf Talfahrt: Die Wirtschaft schrumpft in 2012 voraussichtlich um 1,7 Prozent, die Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent. Für die marode Bankenbranche musste Madrid bereits um einen europäischen Rettungskredit von 100 Milliarden Euro bitten. Der Staatshaushalt ist überschuldet, das Defizitziel für 2012 von 6,3 Prozent wird vermutlich verfehlt. Alle Sparpläne, Steuererhöhungen und Wirtschaftsreformen verbesserten die Lage bisher nicht spürbar, die Gewerkschaften drohen mit einem „heißen Herbst“ samt Generalstreik.

Immerhin hatte Merkel im Reisegepäck das Angebot, Spanien bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit helfen. In Spanien stehen, ähnlich wie in Griechenland, mehr als 53 Prozent der jungen Leute unter 25 Jahren auf der Straße; in Deutschland sind es nur acht Prozent. Die spanische Wirtschaft will deshalb die verschulte, praxisferne Berufslehre durch eine duale Ausbildung wie in Deutschland ersetzen. „Wir dürfen nicht akzeptieren, dass Jugendliche das Gefühl haben, in Europa keine Chance zu haben“, sagte Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der mit Merkel angereist war. Zudem erneuerte Deutschland das Angebot, spanischen Fachkräften Jobs zu bieten. Bis zum Jahr 2025 werden in Deutschland rund drei Millionen Arbeitskräfte fehlen. Eine Chance für viele junge Spanier, die nun die Sprachschulen im Land stürmen und Deutsch büffeln. Zehntausende packten bereits die Koffer.

Deutschland ist zusammen mit Frankreich der wichtigste Wirtschaftspartner Spaniens. Mehr als 1100 deutsche Unternehmen sind in Spanien tätig. Knapp neun Millionen deutsche Touristen kamen in 2011 ins Land. Annähernd 500.000 Deutsche leben ganz oder zeitweise in ihren eigen vier Wänden in Spanien.

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