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Politik: Merkel sieht Defizite bei Hilfe für Kabul

Kanzlerin kritisiert EU-Bürokratie / Sicherheitstagung von Verteidigungsministerium und Tagesspiegel

Berlin - Die Bundeswehr ist nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den laufenden Einsätzen nicht überfordert. Die Bundeswehr sei sicherlich „stark beansprucht“, sagte Merkel am Freitag bei der Sicherheitskonferenz „Impulse 21“ in Berlin. Aber „die Bundeswehr wird ihren Anforderungen auch gerecht“. Die Totenschädel-Affäre in Afghanistan sei nicht symptomatisch für die Armee. Die Bundeskanzlerin hob zugleich die wachsende Bedeutung einer vernetzten Sicherheitspolitik hervor, die sich nicht allein auf militärische Mittel stützen könne. Vielmehr müssten Diplomatie, zivile Aufbau- und Entwicklungshilfe zusammenwirken. Merkel kündigte an, dass sich Deutschland während seiner EU- und G-8-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 verstärkt für eine internationale Vernetzung zur Lösung von Konflikten einsetzen werde.

Eine indirekte Absage erteilte Merkel bei dem Forum, das das Verteidigungsministerium und der Tagesspiegel gemeinsam veranstalteten, Forderungen von Nato-Partnern nach einem verstärkten deutschen Engagement im umkämpften Süden Afghanistans. Die Bundeswehr erfülle im Norden des Landes eine wichtige, „durchaus auch anspruchsvolle Aufgabe“. Zugleich habe Deutschland im Rahmen des vom Bundestag erteilten Mandats immer auch Unterstützung im Süden des Landes geleistet. Merkel bekräftigte die Forderung nach verstärkten internationalen Anstrengungen beim zivilen Aufbau des Landes. Hier müsse geprüft werden, „wo der Westen noch zulegen kann“. Entscheidend sei dabei vor allem, dass Hilfe rasch und sichtbar bei den Menschen ankomme. Merkel kritisierte, dass komplizierte bürokratische Strukturen in Europa die Umsetzung bereits beschlossener Hilfsmaßnahmen noch zu oft verzögerten.

Die Kanzlerin bekräftigte, dass die Bundeswehr Ende November aus dem Kongo abziehen soll. „Wir haben die feste Absicht, das Mandat wie besprochen zu Ende zu bringen“, sagte Merkel. Sie wertete zugleich den bisherigen Einsatz als Erfolg. „Ich denke, wir können heute schon sagen, dass die Anwesenheit europäischer Truppen im Kongo geholfen hat, die Wahlen durchzuführen“, betonte sie. Der für den Kongo-Einsatz verantwortliche General Karlheinz Viereck zeigte sich am Rande der Tagung ebenfalls davon überzeugt, dass die Bundeswehr wie geplant am 30. November ihren Auftrag beenden und bis Weihnachten zurück in Deutschland sein wird. Die Lage im Land sei ruhig, die politischen Gespräche zwischen den Kandidaten Kabila und Bemba seien wieder im Gange, sagte Viereck. „Aber wir werden natürlich nicht unrealistisch und sind auf alles vorbereitet“, sagte er.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bekräftigte die Absicht der Bundesregierung, das Grundgesetz so zu ändern, dass die Bundeswehr künftig bei Terrorangriffen aus der Luft oder von See aktiv werden kann. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte eine weitergehende Ausweitung der Kompetenzen der Armee im Inneren. Es seien Situationen vorstellbar, in denen nur die Bundeswehr mit ihren besonderen Fähigkeiten, zum Beispiel bei der ABC-Abwehr, Anschläge effektiv verhindern könnte. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Armee in solchen Fällen immer erst im Nachhinein helfen dürfe.

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