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Update

USA-Besuch: Obama und Merkel demonstrieren Einigkeit

In einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus bemühten sich Angela Merkel und Barack Obama darum, den Eindruck von Einigkeit zu vermitteln. Fragen mit Konfliktpotenzial beantwortete der US-Präsident diplomatisch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama sind dem Eindruck von Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis entgegengetreten. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sprachen sich beide mit Vornamen an. US-Präsident Barack Obama vermied zudem Kritik an Deutschland mit Blick auf den Libyen-Einsatz der Nato. Auf eine entsprechende Reporterfrage sagte Obama am Dienstag, Deutschland habe zusätzliche Aufgaben in Afghanistan übernommen. Dadurch seien Kapazitäten für den Nato-Einsatz in Nordafrika frei geworden. Jedes Mitglied des Militärbündnisses „spielt eine andere Rolle“. Der US-Präsident äußerte jedoch die Erwartung auf eine tatkräftige deutsche Rolle, wenn Muammar al-Gaddafi einmal von der Macht verschwunden sein wird. Dann werde es „eine Menge Arbeit geben“, sagte Obama. Er hoffe dann auf die „volle und robuste Unterstützung“ durch Deutschland „bei einem breiten Aufgabenspektrum“.

Auch die Kanzlerin betonte, dass Deutschland durch das starke Engagement in Afghanistan einen „indirekten Beitrag“ zur NATO-Mission in Libyen leiste. Merkel sagte zudem Unterstützung beim Aufbau staatlicher Institutionen in Libyen zu, etwa beim Aufbau der Polizei in Bengasi. Es sei eine „gemeinsame Aufgabe, mit Hilfe zur Selbsthilfe dort den Wandel möglich zu machen“.

Beide äußerten sich auch zur Finanzkrise in Griechenland. Obama zeigte sich überzeugt, dass Deutschland hier „eine Führungsrolle übernehmen werde, damit das verschuldete Land "wieder zum Wachstum zurückfindet". Bei diesem schwierigen Prozess seien "Zeit und Geduld" erforderlich. Merkel versicherte, Deutschland sei sich bei der Stabilität des Euro seiner Verantwortung für die Weltwirtschaft bewusst und wolle zugleich ein wettbewerbsfähiges Europa.

Obama bezeichnete Merkel als "gute Freundin und Partnerin". Zugleich betonte er seine "Wertschätzung" für den "pragmatischen Ansatz" der Kanzlerin "bei sehr komplexen Angelegenheiten". Der US-Präsident betonte: "Ich traue ihr." Merkel, die am Abend als zweite Deutsche nach Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) mit der US-Freiheitsmedaille ("Medal of Freedom") geehrt werden sollte, bedankte sich ausdrücklich für den "herzlichen Empfang" in Washington.

Die Gespräche zwischen Merkel und Obama begannen mit einem gemeinsamen Restaurantbesuch. Das zweistündige Treffen am Montagabend (Ortszeit) habe in "entspannter" Atmosphäre stattgefunden, hieß es aus Regierungskreisen. Haupttag der Visite im Range eines Staatsbesuchs ist der Dienstag.

Obama führte Merkel unmittelbar nach ihrer Ankunft in das Restaurant "1789" im Washingtoner Universitätsviertel Georgetown. Bei dem gemeinsamen Abendessen wurden den Angaben zufolge alle internationalen Themen von Nordafrika bis Afghanistan und Nahost, die Euro-Krise, die Lage der Weltwirtschaft und die Situation in Deutschland und den USA besprochen. Das gediegene Lokal "1789" bietet auf seiner täglich wechselnden Speisekarte gehobene US-Küche wie Wildlachs mit Frühlingszwiebeln oder Kaninchen mit Baby-Artischocken. Vor einem Jahr hatte Obama seinen russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew in der Nähe von Washington in ein Hamburgerlokal zu Cheeseburger und Pommes Frites eingeladen.

Am Dienstagmorgen (Ortszeit) wird die Kanzlerin von Obama mit militärischen Ehren zu offiziellen Gesprächen im Weißen Haus empfangen. Mit dabei sein werden dann auch Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, Bundesaußenminister Guido Westerwelle (beide FDP), Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sowie ihre jeweiligen US-Kollegen.

Zu den wichtigsten Gesprächsthemen dürften die Lage im Nahen Osten, in Afghanistan und den Umbruchstaaten Nordafrikas sowie die Euro-Krise und die Neubesetzung der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehören. Das Verhältnis zwischen Merkel und Obama ist nicht ganz unbelastet. Zuletzt hatte die Enthaltung Deutschlands im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über den Libyen-Einsatz für Irritationen in Washington gesorgt, umgekehrt fühlte sich Berlin durch den plötzlichen Meinungswandel der USA in der Frage überrascht.

Am Dienstagabend wird Merkel im Rahmen eines Staatsbanketts von Obama mit der Freiheitsmedaille, der höchsten zivilen Ehrung der USA, ausgezeichnet. Sie ist nach Altbundeskanzler Helmut Kohl die zweite Deutsche, die die Medaille verliehen bekommt. Zu dem feierlichen Abendessen im Weißen Haus mit rund 250 Gästen kommen auch Merkels Mann, der Chemieprofessor Joachim Sauer, sowie der Fernsehmoderator Thomas Gottschalk und der frühere Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann. Die Kanzlerin wird am Mittwoch in Berlin zurückerwartet.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wertete den „außergewöhnlichen Empfang“ der deutschen Delegation durch die US-Regierung als Beleg für das „vorzügliche“ Verhältnis beider Länder. Die Beziehungen seien „eng“, „partnerschaftlich“ und „freundschaftlich“, fügte er hinzu. Mit Blick auf die Libyen-Frage räumte er ein, dass es natürlich auch unter „engsten Freunden“ unterschiedliche Auffassungen geben könne. Die Entscheidung gegen eine Beteiligung an der Militärintervention werde aber „unverändert“ vertreten. Gleichwohl sei Deutschland bereit, sich am zivilen Wiederaufbau des Landes zu beteiligen.
Es ist der sechste Besuch der Kanzlerin in den USA in der Amtszeit Obamas. Der US-Präsident wiederum war zwar bereits mehrfach in Deutschland, einen offiziellen Besuch in Berlin hat er bislang aber noch nicht absolviert. Zuletzt hatten sich Merkel und Obama beim Gipfel der acht großen Industriestaaten (G-8) im französischen Deauville vor eineinhalb Wochen gesehen. (dpa/dapd/AFP)

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