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Politik: Merkel tritt für „volle Amtszeit“ an Ein hartes Dementi auf ein weiches Gerücht

Berlin - Dass ein Regierungschef die Spekulation eines Buchautors, noch dazu ohne Quellenangabe, ganz offiziell zurückweist, ist sehr ungewöhnlich. Insbesondere, wenn es sich dabei um die Bundeskanzlerin handelt.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Dass ein Regierungschef die Spekulation eines Buchautors, noch dazu ohne Quellenangabe, ganz offiziell zurückweist, ist sehr ungewöhnlich. Insbesondere, wenn es sich dabei um die Bundeskanzlerin handelt. Angela Merkel (CDU) ist bekanntlich eine kühl analysierende Politikerin, die sich von Gerüchten nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt. Ganz gleich, ob die in der Zeitung oder zwischen zwei Buchdeckeln gedruckt stehen. Mithin muss irgendetwas an der These des stellvertretenden „Bild“-Chefredakteurs Nikolaus Blome, wonach Merkel 2015 zurücktreten werde, die Bundeskanzlerin so nachhaltig alarmiert haben, dass sie ihren Sprecher Steffen Seibert am Montag mit einer unmissverständlichen Botschaft in die Bundespressekonferenz geschickt hat.

„Die Bundeskanzlerin tritt bei der Bundestagswahl selbstverständlich für eine volle Amtszeit an“, erklärte Seibert kurz und knapp und wollte dem auch kein weiteres Wort folgen lassen. Eine unbedachte Äußerung des Regierungssprechers hört sich anders an. Seibert dürfte auf Merkels eindeutiges Geheiß gehandelt haben. Ein Auftrag, den man sich mit etwas Fantasie so vorstellen kann: Seibert zu Merkel: „Wie reagieren wir auf das Gerücht, Sie würden nach der Bundestagswahl nur zwei Jahre im Amt bleiben und dann 2015 abtreten?“ Merkel zu Seibert: „Tottreten, sofort!“

Was die Spekulation von Nikolaus Blome betrifft, so schreibt er in seinem am Montag in Berlin vorgestellten Buch „Angela Merkel – die Zauder-Künstlerin“, für seine diesbezügliche „Prognose“ existiere „kein gerichtsfester Beweis“. Aber CDU-Obere, mit denen er über seine Vermutung im Vertrauen gesprochen habe, hätten nicht widersprochen. Merkel lässt sich in diesem Herbst zum dritten Mal zur Kanzlerin wählen und tritt dann zwei Jahre später zurück? Freiwillig? Man mag das für glaubwürdig halten oder auch nicht. Für die CDU-Vorsitzende Merkel ist allein das Gerücht Gift.

Merkel hat das offenbar sofort verstanden, als sie davon hörte. Sie weiß: Ihr guter Ruf bei den Deutschen hängt mit ihrer geradezu mütterlichen Verlässlichkeit zusammen. Wenn ihre Wähler aber daran zweifeln müssen, womöglich auch nur damit rechnen müssen, dass Merkel sie zur Mitte der Legislatur mit einem Nachfolger, dessen Namen niemand kennt, im Stich lassen könnte, dann wird das die CDU Stimmen kosten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Sprengkraft von Blomes „Prognose“ für den Wahlkampf erkannt und direkt „großes Verständnis“ dafür geäußert, dass die Kanzlerin offenbar keine „Lust an ihrem Amt“ mehr habe. Antje Sirleschtov

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