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Politik: Merkel und Sarkozy für Euro-Regierung

Berlin und Paris schlagen auch Schuldenbremse für alle Mitgliedsstaaten und Transaktionssteuer für Finanzgeschäfte vor

Paris/Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy haben den übrigen Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone die Schaffung einer europäischen Wirtschaftsregierung vorgeschlagen. Bei einem Sondertreffen legten Merkel und Sarkozy am Dienstag in Paris detaillierte Vorschläge vor, mit denen die Schuldenkrise in der Euro-Zone nachhaltig behoben werden soll. Berlin und Paris wollten den Partnern eine „echte Regierung der Euro-Zone“ vorschlagen, sagte Sarkozy bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel. Nach ihren Vorstellungen, die der europäischen Integration einen weiteren Schub verleihen würden, sollen sich die 17 Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone zweimal pro Jahr als Wirtschaftsregierung versammeln. An der Spitze eines solchen Gremiums zur engeren Koordinierung der Haushalts- und Finanzpolitik im gemeinsamen Währungsraum soll zunächst der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy stehen.

Zudem regten Merkel und Sarkozy an, dass alle Euro-Länder nach deutschem Vorbild in ihren Verfassungen bis Mitte 2012 Obergrenzen für die Verschuldung festlegen. Sarkozy versucht derzeit in seiner Heimat, die sozialistische Opposition für eine Schuldenbremse zu gewinnen.

Als Maßnahme gegen rein spekulative Börsengeschäfte schlugen Merkel und Sarkozy zudem die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene vor. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein Pariser Amtskollege François Baroin würden im kommenden Monat entsprechende Vorschläge vorlegen, kündigte Sarkozy an. Ab 2013 soll darüber hinaus die Körperschaftssteuer für die Unternehmen in Deutschland und Frankreich angeglichen werden.

Der Einführung von europäischen Gemeinschaftsanleihen erteilten Merkel und Sarkozy zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Absage. Allerdings schlossen die Kanzlerin und der französische Staatschef Euro-Bonds für die Zukunft nicht kategorisch aus. So sagte Merkel, dass es „in der jetzigen Phase“ der Euro-Schuldenkrise darum gehe müsse, das Vertrauen der Finanzmärkte „Schritt für Schritt“ zurückzugewinnen. „Ich glaube nicht, dass Euro-Bonds uns dabei helfen“, sagte die Kanzlerin. Sarkozy sprach davon, dass die Einführung europäischer Gemeinschaftsanleihen erst „am Ende eines Prozesses der europäischen Integration“ denkbar sei. Ohnehin hat Merkel wegen des Widerstandes in der eigenen Regierungskoalition gegen Euro-Bonds, vor allem auf Seiten der FDP, nur wenig Spielraum in dieser Frage.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte, von den Pariser Vorschlägen gingen „die richtigen Signale“ im Sinne einer „Stabilitätsunion“ aus. Die Opposition kritisierte hingegen die Beschlüsse. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso lobte, dass Merkel und Sarkozy „wichtige“ Entscheidungen getroffen hätten.

Der Aufschwung in Deutschland neigt sich unterdessen offenbar dem Ende zu. Im zweiten Quartal 2011 wuchs das Bruttoinlandsprodukt, die Summe aller Waren und Dienstleistungen, nur noch um 0,1 Prozent gegenüber dem ersten Vierteljahr. Das entspricht dem niedrigsten Wirtschaftswachstum seit Beginn 2009 – dem Höhepunkt der damaligen Finanzkrise. Das deutsche Wachstum ist damit nur noch halb so groß wie das der Euro-Zone, die es im vergangenen Quartal insgesamt auf einen Anstieg von 0,2 Prozent brachte. Selbst die hoch verschuldeten EU-Mitglieder Italien und Spanien schnitten mit 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozent besser ab als Deutschland. Als Gründe für die an Stagnation grenzende Wirtschaftsentwicklung nannte das Statistische Bundesamt sinkende Konsumausgaben der Bürger und rückläufige Bauinvestitionen.

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