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Politik: Merkels Prämie

Der Streit ist beigelegt, doch die Finanzierung ist nicht bis ins letzte Detail geklärt

Berlin - CDU und CSU haben nach monatelangem Streit am Montag ihren Gesundheitskompromiss vorgestellt: Die Weichen seien nun „eindeutig in Richtung Prämienmodell gestellt“, sagte CDU-Chefin Angela Merkel. Nach Vorstellungen der Union sollen in Zukunft die einkommensabhängigen Beiträge zur Krankenversicherung durch eine Gesundheitsprämie abgelöst werden. CSU-Chef Edmund Stoiber sagte, die Einigung sei „kein fauler Kompromiss“ geworden.

Jeder gesetzlich Versicherte soll eine Prämie in Höhe von durchschnittlich 109 Euro im Monat an seine Krankenkasse zahlen. Wer allerdings weniger als 1400 Euro an zu versteuerndem Einkommen hat (Arbeitseinkommen plus Mieteinnahmen und Kapitaleinkünfte), muss auch weniger Geld an AOK, Barmer und Co. überweisen. Keiner soll mehr als sieben Prozent seines Einkommens für die Gesundheit ausgeben. Ein Rentner mit Altersbezügen von insgesamt 1000 Euro im Monat zahlt also nur 70 Euro an die Krankenkasse.

Die Differenz zu den 109 Euro Prämie (in diesem Fall 39 Euro) wird aus einem anderen Topf aufgestockt. In dieses Sondervermögen zahlen die Arbeitgeber insgesamt 6,5 Prozent der Bruttolöhne ein. So kommen rund 65 Milliarden Euro zusammen. Auch aus der Rentenversicherung fließen Beiträge in das Sondervermögen. Schon jetzt zahlen die Rentenkassen den Arbeitgeberanteil für Rentner. Ein Teil des Sondervermögens fließt direkt an die Krankenkassen (60 Euro pro Versicherten). Aus dem Rest wird der Sozialausgleich für Menschen mit geringerem Einkommen finanziert.

Steigende Gesundheitskosten belasten in Zukunft nicht mehr die Betriebe, sondern allein die Versicherten, die dann eine höhere Prämie als 109 Euro zahlen müssen. Auf die Arbeitgeber kommen nur dann höhere Kosten zu, wenn die Löhne in einer Branche steigen. Im Vergleich zu heute sinken die Belastungen der Arbeitgeber sogar. Bei einem durchschnittlichen Krankenkassenbeitrag von 14,2 Prozent sind die Arbeitgeber derzeit mit gut sieben Prozent an der Finanzierung beteiligt.

Für Kinder ist eine prämienfreie Mitversicherung geplant, die von der gesamten Bevölkerung getragen wird. Davon sollen auch die Kinder von Privatversicherten profitieren, für die derzeit ihre Eltern aufkommen müssen. Ziel ist, mittelfristig die für die Kinder erforderlichen Milliardenbeträge (insgesamt 16 Milliarden Euro) aus Steuergeldern zu finanzieren. Begründet wird dies damit, dass Kinder die Solidarsysteme der Zukunft finanzieren, ihre Gesundheitskosten also auf alle umgelegt werden sollen. Bisher konnten sich CDU und CSU jedoch nur auf ein Volumen von sieben Milliarden Euro verständigen. Diese Summe soll dadurch zustande kommen, dass der Spitzensteuersatz im Steuermodell der Union weniger stark abgesenkt wird, auf 39 statt auf 36 Prozent. Der Restbetrag von etwa neun Milliarden Euro soll zunächst aus dem Sondervermögen der Arbeitgeber aufgebracht werden. Privatversicherte tragen auch zum Sozialausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung bei. Das betrifft in erster Linie Besserverdienende, die den höheren Spitzensteuersatz von 39 Prozent zahlen.

Die Mitversicherung für nicht berufstätige Ehepartner soll wegfallen. Für jeden Erwachsenen wird eine eigene Prämie fällig, für Ehepaare also 218 Euro, auch wenn nur einer arbeitet. Die Belastung soll aber auch in diesem Fall bei maximal sieben Prozent des gemeinsamen Haushaltseinkommens liegen. Verdient der berufstätige Partner mehr als 3115 Euro im Monat, werden also die vollen 218 Euro fällig. Allerdings zahlt er auch heute schon um die 220 Euro Krankenkassenbeitrag im Monat.

Bei den Krankenkassen schließlich kommen im Schnitt pro Versicherten 169 Euro als „Gesamt-Gesundheitsprämie“ an, wie die Union sie nennt. Das ist aber nur ein rechnerischer Durchschnittswert (Gesundheitskosten geteilt durch die Zahl der Versicherten). Tatsächlich sollen die Kassen miteinander auch um den Preis konkurrieren: So kann es sein, dass jemand bei Krankenkasse A nur 100 Euro als „persönliche Prämie“ zahlt, bei Krankenkasse B wegen der hohen Verwaltungsausgaben aber 115 Euro.

Für eine Demografiereserve sind zunächst keine finanziellen Mittel mehr vorhanden. Ursprünglich hatten CDU und CSU vorgehabt, einen Kapitalstock aufzubauen, um die Kosten der Alterung daraus zu finanzieren. Das soll nun frühestens in einem zweiten Schritt passieren, nämlich dann, wenn mehr Steuergelder ins Gesundheitswesen fließen.

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