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© ddp

Meseberg: Harmonie im Kleinen

Weil die Koalition in Meseberg die großen Probleme ausgeklammert hat, war die Einigkeit nicht gefährdet.

Von Robert Birnbaum

Er wird allmählich zum festen Bestandteil von Kabinettsklausuren – der Gesang zur Mitternacht. Diesmal ist Eckard von Klaeden dran. Der Staatsminister im Kanzleramt ist am Mittwoch 44 Jahre alt geworden. Pünktlich erschallt im Weinkeller des Schloss Meseberg das Geburtstagsständchen, Angela Merkel singt mit, die FDP-Minister natürlich auch. Und weil am Vormittag darauf die Meseberger Kirchenmusiker dem Bundeskabinett auch noch einen Choral zum Buß- und Bettag darbringen, ist jedenfalls im wortwörtlichen Sinne die Basis gelegt für Guido Westerwelles Schlussbilanz: Es sei eine sehr harmonische Klausur gewesen.

Alles andere wäre ja auch eine mittlere Katastrophe. Das schwarz-gelbe Bündnis hat schon die Flitterwochen nach der Unterschrift unter den Koalitionsvertrag im Dauerstreit verbracht; Partnertherapie war also dringlich angesagt. Merkel, vor allem aber Westerwelle haben schon eingangs entsprechende Töne angestimmt. Man solle sich gegenseitig Erfolge gönnen statt auf den kleinen tagespolitischen Vorteil zu schauen, lautete ein Appell; man müsse nach außen hin das Bild vermitteln, dass diese Regierung dem Land eine Richtung geben wolle, ein anderer. Was denn auch sofort in die Tat umgesetzt wurde durch den Entschluss, dass die Herren über Wirtschaft und Finanzen, Rainer Brüderle und Wolfgang Schäuble, durch einen gemeinschaftlichen Auftritt zur Nachtzeit Einigkeit demonstrieren sollten.

Auch sonst wird aus dem Schloss allerlei Harmonie vermeldet. Zum Beispiel, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Zusammenarbeit mit Westerwelles Auswärtigem Amt als „exzellent“ gelobt habe. Oder dass der Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) mal eben verabredet haben, gewisse weltanschauliche Verquastheiten ihrer SPD-Vorgänger beim Einsatz israelischer Bewässerungstechnik in der Entwicklungshilfe zu beenden.

Reichlich Harmonie also. Die hat aber ihren Preis. Er besteht darin, die harten sachlichen Differenzen auszuklammern. Der Fall Steinbach wurde gar nicht erst angesprochen. Wer die Federführung für das geplante Energiekonzept hat? Brüderle und Röttgen je im Rahmen ihres Ressortzuschnitts. Die Gesundheitsreform soll eine „interministerielle“ Arbeitsgruppe formulieren. Und dass Schäuble wie Brüderle nächtlich einander versichern, dass der Koalitionsvertrag gilt – was ist das mehr als eine Selbstverständlichkeit? Die konkreten Kabinettsbeschlüsse – Verlängerung des Afghanistaneinsatzes, Rentenbericht des Arbeitsministers, die Neuauflage einer konzertierten Aktion gegen die Krise – waren von Anfang an unstrittig.

Wie weit die Harmonie trägt, ist also durchaus ungewiss. Immerhin hat ein FDP-Teilnehmer der Runde den Eindruck gewonnen, dass der Finanzminister Schäuble sich wirklich keine Hintertür aufhalten wolle, um die Steuersenkung 2011 zu behindern. Und immerhin war die Runde kollektiv ratlos, wie man mit dem Widerstand der Länder gegen das Projekt umgehen soll. Auch Ratlosigkeit kann zusammenschweißen.

Nur einmal, als Westerwelle Schäuble Nachhilfe in Öffentlichkeitsarbeit erteilen wollte, hat es mit der Harmonie nicht geklappt. Der Finanzminister solle in Interviews zur Steuerentlastung 2011 nicht zu viele Zahlen nennen, die ja doch kein Bürger korrekt einordnen könne, riet der FDP-Mann. Schäuble sah und sieht das anders. Etwas Mitdenken, fand er, müsse man den Leuten abverlangen.

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