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Zwei Menschen starben am Samstag bei einer Messerattacke, anschließend erschoss die Polizei den Angreifer: der Tatort in der Jerusalemer Altstadt.

© Abir Sultan/dpa

Update

Messerattacken auf Israelis: Palästinenser verurteilen Sperrung der Jerusalemer Altstadt

Die Gewalt in Israel eskaliert. Nach zwei Messerattacken in Jerusalem hat die israelische Polizei die Altstadt für Palästinenser gesperrt

Der Terror hat nun auch die Jerusalemer Altstadt erreicht – den heiligen Ort für Juden, Christen und Muslime, durch dessen historische Gassen jährlich tausende Pilger und Touristen strömen. Am Samstagabend sind im muslimischen Viertel der Altstadt zwei Israelis durch die Messerstiche von Terroristen ums Leben gekommen, drei weitere Menschen, darunter eine Frau und ein zweijähriges Kind, wurden verletzt. Es ist ein neuer Höhepunkt in einer Reihe von Gewaltattacken in den vergangenen Wochen. Zuletzt wurde am Donnerstag ein israelisches Ehepaar vor den Augen seiner Kinder im Westjordanland erschossen.

Aber auch die Jerusalemer Altstadt, vor allem die Gegend auf und um den Tempelberg, ist immer wieder Schauplatz von Auseinandersetzungen. Bislang hatten aber vor allem Jugendliche randaliert, indem sie Steine und Molotowcocktails auf Polizisten warfen. Nun wurden auch Zivilisten Opfer der Terrorattacken. Als Reaktion auf die neue Stufe der Gewalt hat die Polizei am Sonntag den Zugang zur Altstadt für zwei Tage eingeschränkt: Palästinensern und damit auch den arabischen Bewohnern Ostjerusalems, die nicht die israelische Staatsbürgerschaft besitzen, ist der Zutritt verboten. Nur Israelis, Touristen sowie Bewohner, Geschäftsleute und Studenten ist der Zugang gestattet.

Die palästinensische Regierung beschuldigte Israel am Sonntag, die Lage willentlich zu eskalieren. "Die Regierung verurteilt die Eskalationsstrategie der israelischen Besatzungsbehörden gegen unsere Bevölkerung in Jerusalem und dem Westjordanland", hieß es in einer Stellungnahme aus Ramallah. Insgesamt sind laut Polizei derzeit 3500 Einsatzkräfte in und entlang der Altstadt stationiert.

Außerdem dürfen muslimische Männer nur dann zum Beten auf den Tempelberg, wenn sie über 50 Jahre alt sind – eine Maßnahme, die die israelische Polizei regelmäßig vor jüdischen Feiertagen ergreift, wenn besonders viele Besucher in der Altstadt erwartet werden. Am Sonntagabend beginnt Simchat Tora, das Freudenfest der Tora. Einen Tag zuvor war Rabbi Aharon Bennett, 21, mit seiner Frau und den beiden Kindern auf dem Weg zur Klagemauer, um dort zu beten. Im muslimischen Viertel habe ein arabischer Mann mit einem Messer auf sie eingestochen. Rabbi Nehemia Lavi, ein Bewohner der Altstadt, eilte zur Hilfe, wurde aber ebenfalls von dem Angreifer attackiert, der ihm dann auch seine Waffe wegnahm.

Krisensitzung der Sicherheitsbehörden

Die Polizei habe den Angreifer daraufhin erschossen. Bei ihm soll es sich um Mohammad Halabi handeln, einen 19 Jahre alten Palästinenser aus einem Dorf nahe Ramallah im Westjordanland, der an der Al Quds Universität Jura studierte. Nach Angaben der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ soll er vor wenigen Tagen auf Facebook geschrieben haben, die dritte Intifada habe längst begonnen. Stunden nach diesem ersten Angriff soll laut Zeitungsberichten ein weiterer Palästinenser, Fadi Aloon, einen israelischen Teenager nahe des Damaskustores, einem Zugang zur Altstadt, niedergestochen und schwer verletzt haben.

Rechtsextreme Demonstranten gingen am Samstagabend in Jerusalem auf die Straße, die Polizei konnte ihre Wut nur mühsam eindämmen.
Rechtsextreme Demonstranten gingen am Samstagabend in Jerusalem auf die Straße, die Polizei konnte ihre Wut nur mühsam eindämmen.

© Thomas Coex/AFP

Der Angreifer wurde ebenfalls von der Polizei erschossen. Als Reaktion auf die Ereignisse haben rechte israelische Gruppen Berichten zufolge Araber in Jerusalem angegriffen, darunter ein Mitglied der ultranationalen Organisation Lehava, der einem Palästinenser Tränengas ins Gesicht gesprüht haben soll. Weitere Anhänger der Gruppe sollen ein Café auf der Suche nach arabischen Angestellten gestürmt haben. Lehava setzt sich gegen jegliche private wie berufliche Beziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden ein. Premierminister Benjamin Netanjahu, der am Sonntag von der UN-Vollversammlung zurückgekehrt ist, berief eine Krisensitzung mit den Leitern der israelischen Sicherheitsbehörden ein.

Oppositionsführer Jitzchak Herzog kritisierte auf Facebook, Netanjahu habe die Kontrolle über die Sicherheit der israelischen Bürger verloren und warnte, man stünde an der Schwelle zu einer dritten Intifada. Unterdessen haben laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan mehrere militärische Einheiten im Gazastreifen die Terrorattacken gelobt, darunter die Hamas und deren militärischer Flügel, die die Al Qassam Brigaden.

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