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Mexiko-Auswanderer: Rückkehr ohne Geld und Geschenke

Viele mexikanische Arbeiter haben in den USA finanzielle Probleme – etliche kehren zurück in die Heimat.

Teopantlan, Molocaya, Ocoyac – vergessene Dörfer in den Bergen in Zentral mexiko. Hier führt nur eine Schotterpiste hin. Bis in die Provinzhauptstadt Puebla ist man zweieinhalb Stunden unterwegs. In dieser Gegend leben hauptsächlich Ureinwohner. Es gibt keine Jobs, der Boden ist karg und das Wasser knapp – keine rosigen Zukunftsaussichten für die Jugendlichen, die an der kleinen Dorfschule ihren Abschluss machen. Aus solchen Dörfern stammt die Mehrzahl derjenigen Mexikaner, die in die USA auswandern. „Fast die Hälfte der Dorfbevölkerung ist in die USA gegangen“, schätzt der Priester Jaime Hernandez, der sechs Jahre die Gemeinde in Teopantlan betreute. Puebla gehört mit Michoacan, Zacatecas, Jalisco und Oaxaca zu den Bundesstaaten, die die höchste Abwanderungsrate verzeichnen und die nun die Wirtschaftskrise doppelt zu spüren bekommen: zum einen, weil die Konjunktur in Mexiko abflaut und die Arbeitslosigkeit steigt – zum anderen, weil die Migranten weniger Geld in die Heimat schicken. Manche entschließen sich gar zur Rückkehr.

So wie Alejandro Moreno (Name auf Wunsch des Betroffenen geändert): Vor einem Jahr erst hatte sich der 24-Jährige auf den Weg Richtung Norden gemacht und war seinen großen Brüdern und Schwagern gefolgt. Zuerst fand er in den USA einen Kellnerjob, dann half er auf dem Bau. Doch schon rasch bekam er die Immobilienkrise zu spüren und war einer der Ersten, die ihren Job verloren. Neue Arbeit fanden sie nicht. Alejandro hatte keine gültigen Papiere, er lebte in ständiger Angst vor der Polizei und den Einwanderungsbehörden, lag den Brüdern auf der Tasche. Vor einigen Wochen ist er zurückgekehrt zu seiner Frau und den zwei Kindern nach Mexiko; mit leeren Händen und ohne die traditionellen Weihnachtsgeschenke, die Ausgewanderte um diese Jahreszeit immer in die Heimat schicken oder persönlich überbringen. „Man gibt dort viel mehr Geld aus als hier“, erzählt er bitter von seinen Erfahrungen der letzten Zeit.

Vielen Auswanderern geht es ähnlich: Die mexikanischen Gastarbeiter, zumal diejenigen ohne Papiere, sind die ersten Opfer der Wirtschaftskrise. Die Arbeits losigkeit für Hispanos in den USA liegt mit knapp sieben Prozent deutlich höher als die 4,7 Prozent für die restliche Bevölkerung. Erstmals in den zwölf Jahren seit ihrer Erhebung sind 2008 die „Remesas“ – Dollar, die Migranten an ihre Familien schicken – rückläufig. Ebenso wie die Zahl derjenigen, die über Weihnachten voll beladen mit Geschenken die Familie besuchen: Im November verzeichneten die Behörden am Flughafen von Mexiko-Stadt knapp 900 Heimatbesucher aus den USA – im Vorjahr waren es 3000. „In mein Dorf ist nur die Hälfte der Migranten dieses Jahr über die Feiertage heimgekehrt“, erzählte Manuel Medina der Zeitung „Excelsior“. „Geschenke gibt es diesmal nicht“, sagt der Rückkehrer Enrique Gonzalez; sein Heimatbesuch sei an sich schon teuer genug, fügt der 38-Jährige hinzu, der in den USA in einem Hotel arbeitet. Sein Bekannter Jose Moreno verlor vor zwei Monaten seinen Fabrikjob in Los Angeles und will deshalb vorerst bei seinen Eltern bleiben und sich hier in der Heimat nach Arbeit umsehen.

Bisher gibt es nur Schätzungen, wie viele der fast 30 Millionen Mexikaner den USA krisenbedingt den Rücken kehren – definitiv gesunken ist laut offiziellen Zahlen aber die Auswanderung, und zwar um 42 Prozent in den vergangenen beiden Jahren. Mit 30 000 Rückkehrern rechnen die Behörden in der Hauptstadt, mit 150 000 in Michoacan, von wo 3,5 Millionen ausgewandert sind.

Die Regierung hat schon ein Programm namens „Landsmann“ für die Rückkehrer aufgelegt. So erfahren die Mexikaner in ihren Konsulaten in den USA, wie sie ihr Auto und ihren Hausstand legal über die Grenze bekommen. Außerdem haben die Behörden Subventionen für die familiäre Landwirtschaft aufgelegt und bieten Kur se für den Aufbau von Kleinunternehmen an. Die ärmlichen Gemeinden, aus denen die Migranten stammen, fühlen sich aber überfordert. „Wir haben zwar Schulen und Gesundheitsposten, die auch den Heimkehrern offen stehen“, sagt der Gemeinderat Roberto Pedraza Martinez – „aber Jobs können wir nicht bieten.“

„Diejenigen, die legal und schon lange in den USA leben, werden trotz der Krise bleiben und versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen. Rückkehrer sind vor allem kürzlich ausgewanderte, junge Menschen ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung und ohne festen Job“, erklärt die Migrationsbeauftragte Alma Valencia – so wie Moreno. Der schlägt sich in der Heimat jetzt mit Gelegenheitsjobs durch, wie Autowaschen und Hüpfburgen-bei-Kindergeburtstagen-Aufbauen. Doch ob das nun endgültig ist, lässt er offen: „Wenn es den USA schlecht geht, wird es in Mexiko meist noch schlimmer“, prophezeit er.

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