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Mexiko-Stadt: Hoffen auf die Weltaidskonferenz

Am Sonntag beginnt in Mexiko die erste Weltaidskonferenz Lateinamerikas. Ihr wichtigstes Ziel: der Kampf gegen die Unwissenheit. Erste Schritte machen bereits Menschen wie Ricardo Tapia, der mit seinem "Condomobil" Bergregionen bereist.

Wenn Ricardo Tapia mit dem "Condomobil" vom "Grupo Amigos con VIH" ("Freunde mit HIV") in den entlegenen Bergen von Guerrero unterwegs ist, macht er immer wieder dieselbe Erfahrung: Es kommen fast nur Frauen, um sich zu informieren, wie sie sich vor Ansteckung mit dem Aidserreger HIV schützen können. "Die Indigenas in diesen Dörfern Mexikos sind besonders gefährdet, obwohl sie nie ihre angestammte Heimat verlassen haben", erklärt er. Viele sind von ihren Männern infiziert worden, die von der Saisonarbeit aus den USA oder einer Großstadt wie Acapulco zurückgekehrt sind.

Für Mexiko ist die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Immunschwäche die große Herausforderung der Gegenwart. Sie ist das Thema bei der Weltaidskonferenz vom 3. bis zum 8. August in Mexiko-Stadt. Der Kongress mit mehr als 20.000 Teilnehmern aus der ganzen Welt ist der erste dieser Art in Lateinamerika. Die Veranstaltung soll vor allem die Unwissenheit bekämpfen und durch Information vor den Gefahren schützen.

Die Zahlen in Lateinamerika sind bei weitem nicht so bedrohlich wie etwa in Afrika. "Wir sind nicht Afrika, aber wir sind auch nicht das entwickelte Land, das einen freien Zugang zu allen Medikamenten hat", sagte der Mitvorsitzende der Konferenz, der mexikanische Virologe Luis Soto. Weltweit sind nach dem jüngsten Aidsbericht der Vereinten Nationen 33 Millionen Menschen infiziert, zwei Drittel davon (22 Millionen) leben in Afrika südlich der Sahara, dem Zentrum der Seuche.

Männer, die aus der Großstadt zurückkehren, stecken ihre Frauen an

Aber auch in Lateinamerika ist Aids auf dem Vormarsch. Rund 1,7 Millionen Menschen sind dem neuen Report zufolge in der gesamten Region infiziert, noch einmal 230.000 in den Karibikstaaten.

Ein spezielles Problem ist - etwa in Mexiko - die Migration. "Hier ist Mexiko sehr verletzlich", erklärt der Generaldirektor der "Freunde mit HIV", Arturo Vázquez, in Acapulco. "Die Männer stecken ihre Frauen an, wenn sie zurückkommen. Es gibt zu wenig medizinische und sexuelle Beratung, wenig Information, und auch die Armut trägt wesentlich zu dem Problem bei." In dem mexikanischen Badeort am Pazifik sind 4200 Aidskranke registriert. "Doch die tatsächliche Ziffer ist dreimal so hoch", schätzt Vázquez. "Und von den 4200 werden nur 35 Prozent behandelt."

Das ist symptomatisch für die gesamte Region, wo vor allem die Regierungen dem Problem nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt haben. Meist kümmern sich Nichtregierungsorganisationen, die aus dem Ausland Unterstützung erhalten, um Information, Aufklärung und medizinische Betreuung. Denn die Zahlen nehmen zu, vor allem, weil die Menschen nicht die nötigen Kenntnisse haben.

Auf 100.000 Einwohner kommen 12 Infizierte

So wurden in El Salvador Ende Juni bei einer Untersuchung von 55.000 Personen 307 neue HIV-Infizierte festgestellt. Der erste Fall wurde in dem mittelamerikanischen Land 1984 erkannt, heute sind es 21.000. In Nicaragua kommen heute auf 100.000 Einwohner 12 Infizierte, 2003 waren es 7. In den übrigen Ländern ist es nicht anders. Auch hier nimmt die Zahl der betroffenen Frauen zu, für die Experten ein Alarmzeichen.

Die erste Weltaidskonferenz in Lateinamerika soll die Botschaft aussenden, dass der Kampf gegen die Krankheit allumfassend geführt werden muss. Für Soto ist der Kongress schon deshalb besonders wichtig, weil sich die gesamte wissenschaftliche Fachwelt zum ersten Mal konkret Lateinamerika zuwendet. Er sprach sich wenige Tage vor dem Beginn der Tagung dafür aus, noch mehr zwischen den reichen und armen Ländern zu koordinieren. "Wir kämpfen, weil es in den armen Ländern nicht genug Ressourcen gibt, wo gleichzeitig reiche Staaten über Mittel verfügen, die sie spenden könnten", sagte Soto.

Doch auch im Schwellenland Mexiko gibt es leuchtende Beispiele. Im Haus der "Amigos con VIH" in Acapulco werden 25 von Geburt an HIV-infizierte Kinder nach den modernsten medizinischen Kenntnissen behandelt und betreut, 17 von ihnen leben in dem Asyl, 8 bei ihren Eltern. "Sie gehen zur Schule, werden eine Ausbildung erhalten, eine Arbeit finden. Und eines Tages werden sie heiraten und ein normales Leben führen," sagt Vázquez. Für diese Arbeit wird seine Organisation bei der Konferenz in Mexiko eine Auszeichnung erhalten.

Franz Smets[dpa]

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