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Integration

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Migrantenförderung: Türken für Integrationsgesetz

Die Türkische Gemeinde Deutschland fordert eine neue Struktur in der Integrationspolitik. Gemeinde-Chef Kolat will keine Quoten, fordert aber "Zielgrößen".

Berlin - Der Migrantenverband schlägt die Einführung eines sogenannten Integrationsgesetzes vor, in dem verbindliche Eckpunkte für Bundesbehörden festgeschrieben werden. „Von einer neuen Regierung erwarten wir konkrete Richtlinien zur Förderung von Migranten“, sagt Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde (TGD), einer Interessenvertretung der größten ethnischen Minderheit mit 270 Mitgliedsvereinen. Am heutigen Donnerstag will Kolat in Berlin eine entsprechende Wahlempfehlung für die rund 700 000 türkischstämmigen Wähler geben.

Der Nationale Integrationsplan von Kanzlerin Angela Merkel sei ein reines Maßnahmenbündel, in dem 400 Selbstverpflichtungen festgeschrieben seien. „Das ist wichtig“, sagt Kolat dem Tagesspiegel, „aber was wir brauchen ist eine strukturelle Einbettung der Integrationspolitik in ein Gesetz.“ Dabei soll es laut dem Migrantenvertreter vor allem um Teilhabemöglichkeiten gehen, die vom Bund gesteuert werden können.

Von Quoten will Kolat hier nicht sprechen, eher von „ Zielgrößen“: Migranten sollten mehr berücksichtigt werden, etwa bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, bei Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie bei der Sitzplatzverteilungen in öffentlichen Gremien und Beiräten. Außerdem brauche es einen Richtwert für die interkulturelle Öffnung der Behörden: „In einigen Bundesländern gibt es konkrete Zahlen darüber, wie viele Mitarbeiter in der Verwaltung aus Einwandererfamilien stammen sollten“, so Kolat. Das fordert er auch für den Bund.

Die ehemalige Bundestagspräsidentin und Vorsitzende der Zuwanderungskommission, Rita Süssmuth (CDU), sieht wenig Chancen für ein solches Gesetz. „Quoten und Vorgaben zur Integrationsleistung gehören nicht in die Zuständigkeit des Bundes“, sagt Süssmuth. Dennoch sieht auch sie einen Bedarf für eine Umstrukturierung der Integrationspolitik: Mit dem Integrationsgipfel sei zwar in dieser Wahlperiode ein „Durchbruch“ erfolgt, bei dem sich die Kanzlerin „an die Spitze der Bewegung“ gestellt hat. Beim Integrationsprozess stehe Deutschland dennoch „erst am Anfang“, so Süssmuth – „es muss weitergehen“. In Bund, Ländern und Kommunen müsse der nationale Integrationsplan umgesetzt werden und dazu gehöre ein umfassendes Monitoring.

Die CDU-Politikerin verweist dabei auf die Integrationspolitik in einigen EU-Staaten und außerhalb Europas, in denen es eigenständige Migrations- und Integrationsministerien mit Einfluss auf die Gesetzgebung gibt. Der Vorteil dabei sei die Bündelung der Zuständigkeiten. „Auf längere Sicht ist an der Einrichtung eines solchen Ressorts zu arbeiten“, sagt Süssmuth dem Tagesspiegel. In den kommenden Jahren hält sie eine derartige Neuregelung für die Bundesrepublik „nicht für aussichtsreich“, so Süssmuth. Notwendig und machbar sei allerdings jetzt schon, mit entsprechenden Absprachen zwischen den Ministerien die Zuständigkeiten zu bündeln.

Die Ankündigung eines Ministeriums für Bildung und Integration, wie es die SPD in ihrem Schattenkabinett mit Andrea Nahles vorsieht, hält die Migrationsexpertin für unrealistisch. Der Bund sei für Bildung nicht Zuständig. „Ein solches Ministerium hätte nicht viel Gestaltungsmöglichkeiten.“

Doch auch in der Union gibt es offenbar Überlegungen, nach der Bundestagswahl ein Ministerium zur Integration von Zuwanderern zu schaffen, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ unter Berufung auf Koalitionskreise berichtetete. Auch die Migrationsbeauftragte derBundesregierung, Maria Böhmer (CDU), forderte dies jetzt. Allerdings müssten dem Bundesinnenministerium Kompetenzen weggenommen werden – was mit dem gegenwärtigen Amtsinhaber Wolfgang Schäuble (CDU) kaum zu machen ist.

Ferda Ataman

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