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Gefangen in Europa. Wer es nach Griechenland schafft, wird von den Behörden zunächst in ein Flüchtlingslager gebracht. Doch die sind längst überfüllt.

© dpa

Migrantenstrom: Athen will Grenzzaun zur Türkei

Der Strom illegaler Migranten über Griechenland ins Herz Europas reißt nicht ab. Jetzt zieht Athen die Notbremse und will die löchrige Grenze zur Türkei abriegeln.

Sie kommen zu Hunderten, Nacht für Nacht. Im Schutz der Dunkelheit überqueren sie die grüne Grenze zwischen der Türkei und Griechenland: Armutsflüchtlinge aus afrikanischen und asiatischen Staaten. Sie suchen in der EU ein besseres Leben. Aber schon bald könnte sich dieses Tor nach Europa schließen: Die griechische Regierung plant, die bisher durchlässige Grenze mit einem Zaun zu sichern. Das kündigte jetzt der griechische Minister für Bürgerschutz, Christos Papoutsis, in einem Interview an: „Wir können keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen, unsere Möglichkeiten sind erschöpft“, sagte Papoutsis. „Wir planen deshalb einen Zaun zu bauen, um die illegale Migration abzuwehren.“

Der Grenzzaun solle mit Wärmebildkameras und Bewegungsmeldern gesichert werden, meldete die Zeitung „Proto Thema“. Was die EU von dem geplanten Sperrwerk an ihrer Außengrenze zur Türkei hält, ist noch unklar. Auch die Regierung in Ankara hat sich bisher nicht zu den Plänen geäußert. Griechenland wirft der Türkei vor, ihrerseits die Grenze nicht ausreichend zu sichern. Außerdem nehme die Türkei, entgegen einem bilateralen Abkommen, illegale Einwanderer, die über ihr Staatsgebiet nach Griechenland kommen, nicht zurück. In den ersten neun Monaten 2010 hatte sich die Zahl der illegalen Einwanderer, die über die Landgrenze aus der Türkei nach Griechenland kamen, gegenüber dem Vorjahr fast vervierfacht. Jeden Tag kämen im Schnitt 200 bis 250 Flüchtlinge über die Grenze, sagte Bürgerschutzminister Papoutsis. Der Weg von der Türkei nach Griechenland ist inzwischen Haupteinfallstor für Flüchtlinge aus asiatischen und afrikanischen Ländern. 90 Prozent der illegalen Einwanderer in der EU kommen über Griechenland.

Die griechisch-türkische Landgrenze ist 206 Kilometer lang. Sie folgt meist dem Lauf des Flusses Evros (Meric). Zwischen der griechischen Stadt Orestiada und dem türkischen Edirne verläuft die Grenze allerdings auf zwölf Kilometern durch das Flachland – der „neuralgische Bereich“, wie Giorgos Salamangas sagt, der Polizeichef von Orestiada. Hier strömten im vergangenen Herbst in manchen Nächten mehr als 400 illegale Einwanderer über die Grenze. Wenn nicht gerade eine Polizeistreife in Sichtweite ist, kann man die Grenzlinie ungehindert überqueren. Beiderseits der Grenze verlaufen Wege für die griechischen und türkischen Patrouillen. Dazwischen liegen drei bis fünf Meter Niemandsland.

Seit November sind auf der griechischen Seite mehr als 200 Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex im Einsatz. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen hatte Athen die EU um Hilfe gebeten. Kürzlich wurde das ursprünglich Ende Dezember auslaufende Mandat bis Anfang März verlängert. Ewig werden die Grenzschützer aus 26 europäischen Ländern aber nicht in Griechenland bleiben. Deshalb will Griechenland die Grenze jetzt mit einem Zaun sichern.

Die USA haben bereits 2006 ein ähnliches Projekt ins Leben gerufen, um ihre Grenze zu Mexiko auf einer Länge von 1078 Kilometern zu sichern. Dort sollen illegale Einwanderer durch einen rund drei Meter hohen Zaun gestoppt werden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert die Sperranlagen allerdings scharf. Und auch in Europa gibt es bereits Vorbilder für das geplante Vorgehen der Griechen. Spanien hat vor einigen Jahren seine beiden Enklaven Melilla und Ceuta, die im Nordosten Marokkos liegen, mit hohen Grenzzäunen umgeben, um Flüchtlinge zurückzuhalten.

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