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Politik: Milde Strafen für Korruption in Köln

Urteil im Prozess um die Müllverbrennungsanlage: Nur einer der Angeklagten muss in Haft, und das kurz

Der Kölner Korruptionsprozess ist am Donnerstag mit milden Haftstrafen und einem Freispruch zu Ende gegangen. Richter Martin Baur rügte eine Verwilderung der Sitten, die dazu geführt hatte, dass beim Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage elf Millionen Euro Schmiergelder flossen. Das Urteil fiel so aus, wie es das Gericht vorab angekündigt hatte: Der einstige SPDChef Kölns, Norbert Rüther, wurde freigesprochen, „weil die Beweislage so war wie sie war und nicht, weil seine Unschuld bewiesen werden konnte“, kommentierte dies der Vorsitzende Richter der 7. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts in seiner mündlichen Urteilsbegründung.

Zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung wurde Ulrich Eisermann verurteilt. Der Ex-Geschäftsführer des halb städtischen Müllofenbetreibers AVG soll 4,8 Millionen Euro Schmiergelder kassiert haben und muss dafür als einziger der drei Angeklagten in Haft. Eisermann hatte die Ausschreibung zum Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage so manipuliert, dass der Gummersbacher Anlagenbauer Steinmüller den Zuschlag für das 400-Millionen-Euro-Geschäft bekam. Das Gericht ging zu seinen Gunsten davon aus, dass er eine Million Euro an Rüther weiterreichte. Doch da Rüther abstritt, diesen Betrag erhalten zu haben, stand Aussage gegen Aussage. Ex-Steinmüller-Manager Sigfrid Michelfelder bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von 44 500 Euro. Er muss zudem an die AVG eine Million Euro Wiedergutmachung zahlen.

Insgesamt zeigte sich Richter Baur „selbst erstaunt“ darüber, dass der Prozess nicht wie viele andere Wirtschaftsstrafverfahren im Sande verlaufen sei. Nach der Anhörung von 57 Zeugen, dem Durcharbeiten von 17 000 Blätter Hauptakten und 41 Tagen Beweisaufnahme hätte man zwar den Fluss des Schmiergeldes nicht aufklären, aber immerhin ein Urteil sprechen können. Mit deutlichen Worten rügte Baur die Schmiergeldpraxis: „Nicht nur in irgendwelchen Bananenrepubliken, sondern auch in Deutschland ist es üblich, dass man sich bei großen Bauprojekten irgendwo bedient.“

Als einen „juristischen Amoklauf“ wertete der Strafkammervorsitzende das Vorgehen der Kölner Staatsanwaltschaft, die ohne Wissen des Gerichts parallel zur Hauptverhandlung einen Zeugen vernommen und ihm hierfür Vergünstigungen zugesagt hatte. „Das war ein Unding. So etwas möchte ich nicht noch mal erleben“, schimpfte Baur. Allerdings habe die Staatsanwaltschaft ungewöhnlich zügig ermittelt („das sind wir nicht gewöhnt“). Damit spielte Baur auf die von den Anklägern herbeigeführte Aktenpanne an, die letztlich zur Verkürzung des Verfahrens geführt hatte. Die Staatsanwaltschaft kündigte im Anschluss an die Urteilsverkündung Revision an.

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