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Frankreichs Staatspräsident François Hollande schließt einen Militärschlag gegen Syrien nicht mehr aus.

© Reuters

Militäreinsatz in Syrien?: Paris versus Washington und Berlin

Sollte die Staatengemeinschaft in Syrien mit Waffengewalt eingreifen und Präsident Assad stoppen? Frankreich erwägt nun diesen Schritt - ganz zum Missfallen von Deutschland und den USA.

Nach dem jüngsten Massaker mit 108 Toten in Syrien ist in der internationalen Gemeinschaft eine Debatte über einen möglichen Militäreinsatz zur Beendigung der Gewalt entbrannt. Der französische Staatspräsident François Hollande schließt einen solchen Einsatz unter bestimmten Bedingungen nicht mehr aus. Hollande sagte am Dienstagabend im Fernsehsender France 2, ähnlich wie im Falle Libyens im Jahr 2011 wäre ein solches Vorgehen nur im Rahmen internationalen Rechts mit einem Mandat der Vereinten Nationen möglich. Hollande reagierte damit auf einen offenen Brief des französischen Aktivisten und Philosophen Bernard-Henri Lévy, der anschließend am Mittwoch in mehreren europäischen Medien veröffentlicht wurde.

Der Staatspräsident wird darin aufgefordert, „in Syrien die Initiative zu ergreifen“. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnte eine bewaffnete Intervention in Syrien entschieden ab. „Für Spekulationen über militärische Optionen besteht aus Sicht der Bundesregierung kein Anlass“, sagte Westerwelle der „Welt“. Auch die US-Regierung reagierte zurückhaltend. Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama warnte, „dass dies nur zu einem noch größeren Chaos, zu einem noch größeren Blutbad führen würde“. Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig regte allerdings eine Aufstockung der Beobachtermission in Syrien an. Dies wäre eine Möglichkeit der Reaktion, sagte Wittig.

Der Syrien-Konflikt in Bildern

Auch in Frankreich gilt ein Vorgehen gegen das syrische Regime nach dem Vorbild der Intervention gegen den libyschen Despoten Gaddafi noch immer als wenig realistisch. Außenminister Laurent Fabius sagte „Le Monde“: „Syriens Armee ist stark.“ Es gebe das Risiko einer regionalen Ausweitung. Lévy sieht das anders. Er wirft Hollande in seinem offenen Brief vor, sich mehr für Benzinpreise und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu interessieren als für die Rettung des syrischen Volkes. In einem Gespräch vor der Präsidentenwahl habe Hollande so gewirkt, als teile er die Idee, dass das Regime von Baschar al Assad nur so stark sei, weil die internationale Gemeinschaft zu zurückhaltend und feige sei. „Das ist einer der Gründe, warum ich für Sie gestimmt habe“, schrieb der in Algerien geborene Lévy. „Möge ich mich nicht geirrt haben.“ Nach Hollandes Äußerungen zu Syrien schlug er versöhnlichere Töne an. Lévy hatte im vergangenen Jahr durch seinen publikumswirksamen Einsatz für die libysche Opposition Präsident Nicolas Sarkozy zum Handeln getrieben.

Nachdem alle Versuche, härtere Maßnahmen zu verhängen, im UN-Sicherheitsrat an Russland und China scheiterten, hofft Paris jetzt, bei dem am Freitag anstehenden Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin weiterzukommen. „An mir und anderen liegt es, Russen und Chinesen zu überzeugen“, sagte Hollande, „um auch Lösungen zu finden, die nicht notwendigerweise militärischer Art sind.“ Frankreich will auch die Einigung der syrischen Opposition fördern. In Kürze soll in Paris eine Konferenz der „Freunde Syriens“ stattfinden.

Auf Spurensuche. UN-Beobachter in der Stadt Mera in Nordsyrien. Foto: Vedat Xhymshiti/dpa
Auf Spurensuche. UN-Beobachter in der Stadt Mera in Nordsyrien. Foto: Vedat Xhymshiti/dpa

© dpa

Ob man an der Seine auch an die Lieferung von Waffen denkt, ist offen. Außenminister Fabius nannte das eine zweischneidige Alternative. Waffen für die Opposition würden den Konflikt weiter militarisieren, sagte er. Ohne Waffenlieferungen laufe die Opposition dagegen Gefahr, zermalmt zu werden. Im Übrigen seien die Grenzen ja durchlässig. Frankreich werde jedoch darauf hinarbeiten, dass zum Beispiel Russland Assad keine Waffen mehr liefere.

Die US-Regierung prüft unterdessen weitere Schritte gegen das syrische Regime, erklärte Regierungssprecher Jay Carney. Das US-Finanzministerium verhängte Sanktionen gegen die syrische Bank Syria International Islamic Bank (SIIB). Hinter der Bank versteckten sich andere syrische Finanzinstitutionen, die so Sanktionen umgehen wollten, erklärte das Ministerium.

Der UN-Menschenrechtsrat wird wegen des Massakers in Hula am Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Die UN-Beobachtermission berichtete von einer neuen Bluttat im Osten Syriens. Dort seien 13 Tote entdeckt worden, die mit auf dem Rücken gefesselten Händen erschossen wurden.

Syrien zeigte sich am Mittwoch empört über die Ausweisung seiner Botschafter aus zahlreichen Ländern. Die staatlichen Medien sprachen von einer Hysterie und kündigten an, das Land werde sich nicht einschüchtern lassen. Am Dienstag hatten Deutschland, die USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Frankreich, Italien, Spanien und Bulgarien eine Ausweisung syrischer Diplomaten angekündigt. Auslöser war das Massaker in Hula. Die Türkei und Japan schlossen sich dem Protest am Mittwoch an und wiesen ebenfalls syrische Diplomaten aus.

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