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Ankunft in Kiew. Auf dem Flughafen Boryspil werden aus dieser Maschine der Royal Canadian Air Force Militärgüter entladen.

© dpa

Militärhilfe für die Ukraine: Unmut in Kiew über deutsche Zögerlichkeit

Die Ukraine hatte auf militärische Hilfsgüter aus Deutschland gesetzt – die Kanzlerin selbst hatte die Hoffnungen genährt. Doch Berlin gibt sich abweisend. Nun ist die Enttäuschung in Kiew groß.

Es war eine Szene mit Symbolkraft: Am Freitagabend auf dem Kiewer Flughafen Boryspil landete eine Transportmaschine der kanadischen Royal Air Force, an Bord unter anderem Winterausrüstung für die ukrainischen Streitkräfte. Außenminister Pawlo Klimkin schaute auf das hell erleuchtete Flugfeld, rund 20 Kamerateams wuselten um ihn herum. „Wir stehen nicht allein im Kampf gegen unseren Feind, die ganze zivile Welt ist mit uns. Ich bin unseren kanadischen Freunden sehr dankbar“, sagte er wenig später.

Die Frachtmaschine brachte militärische Güter im Wert von elf Millionen US-Dollar, unter anderem Kommunikationsgeräte, Verbandskästen, mobile Heizsysteme, Nachtsichtgeräte, Sprengstoff und Winteruniformen für 30 000 Soldaten. In den nächsten Wochen werden weitere Lieferungen aus Toronto folgen. Das Land mit der weltweit größten ukrainischen Diaspora hat in diesem Jahr bereits Hilfen im Wert von 55 Millionen US-Dollar an Kiew geleistet.

Am selben Tag hatte ein Interview von Außenminister Klimkin mit der „Bild“-Zeitung auch in Kiew großes Aufsehen erregt. Klimkin hatte darin die Bundesregierung aufgefordert, Dieselmotoren für Truppentransporter bereitzustellen. Nachdem die Bundesregierung über eine Sprecherin hatte ausrichten lassen, dass eine militärische Unterstützung in diesem Konflikt derzeit nicht zur Debatte stehe, stieß die deutsche Zurückhaltung in der Ukraine auf Kritik. Im Fernsehen wurde über Umfragen berichtet, in denen sich ein großer Teil der Ukrainer verwundert darüber zeigte, dass Deutschland mit solchen Hilfsleistungen zögere. Dabei hatte doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) selbst bei ihrem Kiew-Besuch Ende August Hoffnungen auf schnelle und umfangreiche Hilfslieferungen geweckt, als sie Unterstützung für die Ukraine zusagte.

Deutschland gehe mit Putin zu vorsichtig um, sagt ein Präsidenten-Berater

Auch im Umfeld von Präsident Petro Poroschenko wird die Kritik an Berlin deutlicher: „Die deutsche Seite agiert immer noch zu vorsichtig mit Putin, offenbar gibt es in Berlin nach wie vor Menschen, die denken, man könne mit dem Kreml-Herrscher Vereinbarungen für eine gütliche Lösung des Krieges in der Ukraine treffen“, sagte ein Berater Poroschenkos, der anonym bleiben wollte.

Auch im ukrainischen Außenministerium ist man enttäuscht. Schon vor Wochen war durchgesickert, dass Präsident Poroschenko in einem Gespräch mit Außenminister Klimkin gesagt habe, er verstehe nicht, warum die Deutschen anderen Ländern Kriegsgerät lieferten, die Ukraine im Kampf aber allein ließen. Gemeint war die umfassende Militärhilfe für die Kurden.

Nun will auch Präsident Potoschenko den Nato-Beitritt der Ukraine

Während Regierungschef Arsenij Jazenjuk und die Politikerin Julia Timoschenko seit Monaten für einen Nato-Beitritt der Ukraine werben, hat sich Präsident Poroschenko in dieser Frage lange Zeit bedeckt gehalten. Anders als die Jazenjuk-Partei „Volksfront“ oder Timoschenkos „Vaterlandspartei“ hat das Präsidentenbündnis „Block Petro Poroschenko“ mit diesem Thema auch keinen Wahlkampf gemacht. Nun aber plädiert auch Poroschenko für einen möglichst schnellen Beitritt zu dem Militärbündnis. Innerhalb der nächsten Jahre solle in der Ukraine ein Referendum zum Nato-Beitritt abgehalten werden. Auch die baltischen Staaten hätten diese Entscheidung selbstständig getroffen und nur Vorteile davon.

In der Nato hält man einen Beitritt nun offenbar auch für möglich. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Entscheidung liege allein bei der Ukraine. Wenn das Land der Nato beitreten wolle, werde er diese Entscheidung respektieren, sagte er dem russischen Oppositionssender „Radio Echo Moskwy“. Deutschland sieht das anders. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte kürzlich unmissverständlich erklärt, ein Nato-Beitritt der Ukraine sei derzeit ausgeschlossen.

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