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Politik: Militärs sichern tschetschenischen Zivilisten einen Fluchtkorridor bis Ende der Woche zu

Die russischen Militärs haben am Montag auch den psychologischen Druck auf die Zivilbevölkerung der tschetschenischen Hauptstadt Grosny weiter verstärkt. Auf den seit dem Sonntag abgeworfenen Flugblätern mit dem Aufruf zum Verlassen der eingekesselten Metropole bis spätestens Samstag hieß es weiter: "Trefft die Wahl, die Zeit läuft.

Die russischen Militärs haben am Montag auch den psychologischen Druck auf die Zivilbevölkerung der tschetschenischen Hauptstadt Grosny weiter verstärkt. Auf den seit dem Sonntag abgeworfenen Flugblätern mit dem Aufruf zum Verlassen der eingekesselten Metropole bis spätestens Samstag hieß es weiter: "Trefft die Wahl, die Zeit läuft." Die Alternative zur Flucht sei der Tod.

Die Führung der russischen Kaukasus-Streitkräfte in Mosdok versprach der noch verbliebenen Bevölkerung der tschetschenischen Hauptstadt die Öffnung eines sicheren Fluchtkorridors, durch den sie Grosny in nordwestlicher Richtung verlassen könnten. Ihnen wurde nach den Worten des Militärsprechers in dem Flugblatt eine sichere Unterkunft, medizinische Versorgung und "als Allerwichtigstes - das Leben" garantiert. In der benachbarten Kaukasus-Republik Inguschetien ist unterdessen die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus Tschetschenien nach offiziellen russischen Angaben auf über 238 000 gestiegen.

Russische Artillerie setzte indes auch am Montag ihren Beschuss von Stellungen der Verteiger von Grosny fort. Nach Schätzungen russischer Militärs haben sich rund 5000 tschetschenische Kämpfer in der umzingelten Stadt verschanzt. Das berichtete die Agentur Interfax unter Berufung auf das Hauptquartier der russischen Kaukasus-Truppen in Mosdok. Ein Frontalangriff russischer Bodentruppen sei jedoch erst nach der "Vernichtung moslemischer Rebellen-Verbände" in der Ortschaft Urus-Martan, knapp 20 Kilometer südlich von Grosny, zu erwarten. Dort sowie im Nachbarort Schali und Wedeno (knapp 40 Kilometer südlich von Grosny) haben rund 3000 tschetschenische Kämpfer nach Erkenntnissen der russischen Aufklärer inzwischen starke Verteidigungsstellungen ausgebaut.

Gegen die im bergigen Süden Tschetscheniens verschanzten Kämpfer wollen russische Militärs in den nächsten Wochen möglicherweise neue Waffensysteme einsetzen. Unter anderem werde an den Einsatz von Bombern vom Typ Tupolew Tu-22 (Nato-Code: Backfire) gedacht, berichtete Interfax. Bisher waren auf dem tschetschenischen Kriegsschauplatz lediglich kleinere Kampfjets im Einsatz.

Nach der Einkesselung Grosnys will Russland den Krieg in Tschetschenien in absehbarer Zeit siegreich beenden. Der Erste Stellvertreter des russischen Generalstabschefs, Walerij Manilow, sagte der Zeitung "Die Welt", selbst wenn es für die Streitkräfte ungünstig laufe, werde die Armee ihre Angriffe in zwei oder drei Monaten abschließen können. Jetzt gehe es darum, die "Rebellenverbände" aufzureiben, die sich in Grosny sowie in Argun und im gebirgigen Teil Tschetscheniens verschanzt hielten. Die Opfer unter der Zivilbevölkerung seien "unbedeutend", sagte Manilow. Zugleich wies er Augenzeugenberichte zurück, wonach in der belagerten Hauptstadt Grosny noch 100 000 Zivilisten ausharrten. Nach seinen Informationen seien es "lediglich 1000 oder noch weniger". Maximal seien es vielleicht einige Tausend, die von den Rebellen als "lebende Schutzschilde" missbraucht würden, sagte der Stellvertreter des Generalstabschefs.

Russlands Armee hatte am Wochenende erklärt, sie habe den Belagerungsring um Grosny geschlossen. Im Westen war die Anfang Oktober gestartete Militäroffensive Russlands angesichts der Verluste unter der Zivilbevölkerung heftig kritisiert worden. Erst nach langem Zögern hatte die Regierung in Moskau der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für Mitte Dezember eine Informationsreise nach Tschetschenien angeboten, um sich dort ein Bild von der Lage der Zivilbevölkerung zu machen. OSZE-Chef Knut Vollebaek will die OSZE-Delegation anführen und bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Kaukasus-Konflikts mitwirken. Russland betrachtet die Militäroffensive in seiner Föderationsrepublik jedoch als innere Angelegenheit und hat eine Vermittlung von außen stets abgelehnt.

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