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Milosevic: Techniker der Macht

Seine Anhänger hatten ihn anfangs als "neuen Tito" verehrt. Doch während der Partisanenmarschall Tito nach dem Zweiten Weltkrieg zum Gründer des kommunistischen Jugoslawien wurde, geht Slobodan Milosevic als Totengräber des Vielvölkerstaates in die Geschichte ein.

Belgrad - Milosevics Bemühen um die Schaffung eines Großserbiens auf Kosten der anderen Nationen gilt als der eigentliche Sprengsatz für den früheren gemeinsamen Staat der Südslawen. Milosevic ist auch der Grund für weitere Spaltungen. Die Albaner in der südserbischen Provinz Kosovo streben mit Hinweis auf die Verbrechen der Milosevic-Ära ebenso nach staatlicher Selbstständigkeit wie das kleine Montenegro.

Ganze 14 Jahre lang hat der am 20. August 1941 in der Provinzstadt Pozarevac geborene Milosevic die Geschicke Serbiens und Jugoslawiens bestimmt. Während Milosevic als «kalter Techniker der Macht ohne Visionen und Ideale» beschrieben wurde, gilt seine Ehefrau Mirjana Markovic als die eigentlich Ideologin, die sich der bedingungslosen Ergebenheit ihres Mannes erfreute. Westliche Diplomaten charakterisierten den Mann von kleiner Statur und in immer korrekten dunklen Anzügen als Autisten, der keinen Bezug mehr zur Wirklichkeit besitze. Sein Biograf Slavoljub Djukic hat ihn als skrupellosen Machtmenschen beschrieben.

Den Aufstieg in der Kommunistischen Partei verdankte der Jurist und Banker seinem Gönner Ivan Stambolic, den er nicht nur kaltblütig abservierte, sondern später auch ermorden ließ. Unterstützt wurde er dabei von seiner Ehefrau, die als Parteifunktionärin und Universitätsprofessorin tatkräftig die Unterstützung für ihren Mann organisierte. Bei den ersten großen Demonstrationen seiner Kritiker vor fast auf den Tag genau 15 Jahren ließ er im Belgrader Stadtzentrum Panzer auffahren. Er war maßgeblich an der Anzettelung der Bürgerkriege in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und im Kosovo beteiligt. Zu Hause sollen zahlreiche Auftragsmorde auf sein Konto gehen.

Ende der 90er Jahre hatte Milosevic eine unheilvolle Allianz zwischen dem Staatsapparat, dem Geheimdienst und der Organisierten Kriminalität hergestellt. Niemand war vor dieser Machtkonzentration, die von korrupten Gerichten untermauert wurde, geschützt. Die Nato-Bomben im Sommer 1999 leiteten den Anfang vom Ende des selbstherrlichen Politikers ein. Ein Volksaufstand am 5. Oktober setzte den Schlusspunkt hinter seine Ära. Doch auch in seinem Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag blieb er uneinsichtig. Er habe ein reines Gewissen und sei nur von dem Wunsch geleitet worden, seinen unterdrückten serbischen Landsleuten in Jugoslawien zu ihrem Recht zu verhelfen, hatte er immer wieder betont. (tso/dpa)

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